Kein Cent für den Stasitrainer

EISKUNSTLAUF Weil er informeller Mitarbeiter des MfS war, darf Ingo Steuer nicht mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Dem Verband gelingt es nicht, Sponsorengelder aufzutreiben. Jetzt steht er vor der Pleite

250.000 Euro sollten bis zum Wochenende auf dem Konto von Steuer eingehen

BERLIN taz | Der Deutschen Eislauf-Union droht die Pleite. Der Kompromiss des Eiskunstlauf-Spitzenverbandes mit Erfolgstrainer Ingo Steuer ist geplatzt. Dem Verband, der den stasibelasteten Coach der Olympiadritten Aljona Savchenko/Robin Szolkowy nicht aus öffentlichen Mitteln bezahlen darf, ist es nicht gelungen, Sponsorengelder für seine Bezahlung aufzutreiben. 250.000 Euro sollten bis zum Wochenende auf das Konto von Steuer und seinem Paar fließen. Erhalten hat er keinen einzigen Cent.

Wegen seiner Vergangenheit als informeller Mitarbeiter der Stasi hatte das Bundesinnenministerium 2006 dem Verband untersagt, mit dem Chemnitzer Trainer Steuer zusammenzuarbeiten. Sein Paar hielt aber zu ihm und setzte per Gerichtsentscheid durch, bei ihm trainieren zu dürfen. Robin Szolkowy büßte dafür sogar seine Förderung durch die Bundeswehr ein, die ihm ein regelmäßiges Einkommen beschert hatte. Das Innenministerium untersagte daraufhin dem Verband, Steuer aus öffentlichen Mitteln zu bezahlen.

Für das Platzen des Kompromisses geben sich die beiden Parteien gegenseitig die Schuld. Verbandssprecher Uwe Harnos sagt der taz: „250.000 Euro Sponsorengelder waren angesichts des geringen Stellenwertes des Eiskunstlaufs ohnehin ein ehrgeiziges Ziel. Die Wirtschaftskrise hat das noch unrealistischer gemacht.“ Um Sponsoren zu interessieren, hätte der Verband mit dem Paar ein Konzept erarbeiten müssen. „Nur mit einem ausgefeilten Konzept kann man Agenturen interessieren. Doch ein Termin scheiterte an der fehlenden Dialogbereitschaft Steuers.“

Für dessen Anwältin Karla Vogt-Röller ist dieses Argument nur „ein weiterer Versuch, uns die Schuld am Versagen des Verbandes in die Schuhe zu schieben“. Der Vergleich hätte eindeutig den Verband in die Pflicht genommen, Gelder aufzutreiben. „Wir haben der Eislauf-Union gegenüber erklärt, dass uns jeder Termin für Sponsorenauftritte recht ist, der in den Trainingsplan passt. Und den Trainingsplan ihrer erfolgreichsten Sportler sollte der Bundesverband eigentlich kennen.“

Wie geht es nun weiter? Nach dem Platzen des Kompromisses will Vogt-Röller den Verband erneut verklagen. Wird der Klage stattgegeben, was wahrscheinlich ist, gibt es für die Eislauf-Union zwei Möglichkeiten: Entweder sie trotzt dem Bundesinnenministerium das Recht ab, Steuer bezahlen zu dürfen. Oder sie geht in Insolvenz.

Dass Ingo Steuer überhaupt seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, verdankt er seinem internationalen Ansehen. Er trainierte neben Savchenko/Szolkowy Paare aus Kanada, der Schweiz und der Ukraine. Demnächst gesellt sich ein deutsch-estnisches Paar hinzu. Wegen der Konflikte des deutschen Verbandes mit Weltmeistertrainer Steuer wird dieses Duo international allerdings wohl eher für Estland als für Deutschland an den Start gehen. MARINA MAI