LESERINNENBRIEFE
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Schnitzel nach Balkanart

■ betr.: „Aus für ‚Zigeunerschnitzel‘“, taz vom 8. 10. 13

Ob Negerkuss, Mohrenkopf oder Zigeunerschnitzel, mir gehen derartige Debatten gehörig auf den Keks. Ich möchte ihnen sogar eine Verlogenheit unterstellen. Da wird auf randständigen Ebenen laviert, um dem Kern der Themen zu entgehen. Ein Negerkuss ist braun und süß. Ist das negativ ? Offensichtlich können Zigeuner eine besonders leckere Soße zum Fleisch zubereiten, sodass sie nach ihnen benannt wird, Kompliment. Jäger übrigens auch, etwas weniger pikant, dafür mit viel Pilzen. Da gibt es noch die Nürnberger Würstchen, klein, dünn und kurz. Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt. Die Wienerle haben es besser, sie sind zumindest lang. Und? Wer hat Mitgefühl mit den Nürnbergern oder den Wienern?

Nur um so zu tun, als hätte man eine weiße Weste, wenn man Begriffe ändert, wird man mit seiner Toleranz nicht weit kommen. Die wirkliche Diskriminierung wird nicht beim Namen genannt. Was hat der Roma oder Sinti davon, dass das Schnitzel nun nach Balkanart heißt, er aber immer noch keinen Platz in unserer Gesellschaft bekommt? URSULA BEA-KESSLER, Worpswede

Magno cum gaudio legi

■ betr.: verboten: „Fratres carissimi“, taz vom 14. 10. 2013

„Difficile est satiram non scribere“ – das schrieb einst der römische Dichter Juvenal. Ihr von der verboten-taz habt euch und ihn heute übertroffen. Köstlich, köstlich, eure Glosse über den Herrn aus Limburg! (Octava sapientium es! Ihr seid die Achte von den 7 Weisen! Es war ein Genuss – magno cum gaudio legi! Ich hab’s mit größtem Vergnügen gelesen! 1.001 Dank für den gelungenen Montagmorgen. Herzlichst, HANSJÜRGEN WOLLMANN, Leinfelden

Elternschaft als Therapie

■ betr.: „Die Eizelle aus Spanien“, taz vom 12. 10. 13

Ich frage, ob dieser hochpreisig umgesetzte Wunsch nach dem „eigenen“ Kind, was wohl meint, ein Kind selbst gezeugt und geboren – mit dem Gefühl einer darüber angeborenen, unauflösbaren Verbundenheit – nicht ein Ausdruck tiefen Egoismus ist. Es gibt viele Menschen ohne Eltern schon im Heim um die nächste Ecke, aber so ein „eigenes“ Kind stellt man/frau sich wohl verfügbarer vor. Elternschaft als Therapie? Zugegeben, das Adoptivrecht ist etwas umständlich, doch mit rund 10.000 Euro, die hier in die Medizinindustrie fließen (ohne Medikamente/Komplikationen/Zusatzkosten und bei Erfolg), wären einige Hürden gut anzugehen. Natürlich, Menschen die mit „Patchworkfamilien“ konfrontiert sind, erfahren schnell, wie schwierig es sein kann, Kinder sich emotional „anzueignen“, eine liebende Beziehung, die nicht „geburtsbedingt“ besteht, aufzubauen und zu erhalten. Da wird die „Flucht“ zur Technik wie oft als einfacher empfunden. HENDRIK FLÖTING, Berlin

Harte CDU, weichgespülte Grüne

■ betr.: „Zu schwach für Merkel“, taz vom 8. 10. 13

Ulrich Schulte bringt, weil die Grünen derzeit geschwächt sind, kein Verständnis für eine schwarz-grüne Regierungsoption 2013 auf, wohl aber für ein solches Manöver vier Jahre später. Schon heute, meint er, sprächen die Inhalte für schwarz-grüne Versuche, schließlich sei Merkels Union ja inzwischen „weichgespült“.

Stellenweise recht „weichgespült“ wäre sie in der Tat, bestünde das, was manche ihren „Markenkern“ nennen, aus Bausteinen wie Stimmungs- und Ressentimentkonservatismus, Wehrpflichtbejahung oder Kirchennähe. Mit dem harten Kern der Union hat das wenig zu tun. Zu dem gehören enge Verflechtungen zwischen Partei- und Regierungsspitzen einerseits, Großkonzernen und Unternehmensverbänden andererseits, ebenso eine Landwirtschaftspolitik, die auf die umwelt-, ernährungs- und gesundheitspolitisch verantwortungslose, aber hochprofitable Massentierhaltung setzt. Gerade die taz berichtete noch vor wenigen Monaten ausführlich über den umstandslosen Wechsel des Kanzleramtsministers von Klaeden (CDU) in die Daimler-Benz-Führungsspitze und über Merkels erfolgreiche Bemühungen, die EU-Autoabgasnormen im Interesse deutscher Autokonzerne zu entschärfen. Dennoch könnte Ulrich Schulte recht behalten und eine schwarz-grüne Allianz langsam im Werden sein – dann nämlich, wenn sich bei den Grünen Kretschmann, Palmer, Andreae und vielleicht eine Riege von Jungdynamikern mit MBA-Abschlüssen durchsetzen und die Partei so umgestalten und weichspülen, dass sie in einer „marktkonformen Demokratie“ (Merkel!) nirgendwo aneckt. Interessant: So ganz lupenrein demokratisch dürfte es bei der möglichen Wendeoperation nicht zugehen – eine neue Führung müsste nach Schultes Ansicht genug Gewicht haben, „um die Partei in den neuen Kurs zu zwingen“. JÜRGEN KASISKE, Hamburg

Große oder kleine Solaranlagen

■ betr.: „Solarfirmen schlagen Alarm“, taz vom 11. 10. 13

Ich sehe große Solaranlagen inzwischen skeptisch: Sie verbrauchen unversiegelte Flächen. Gegen den Bau auf bereits versiegelten Flächen, ist nichts einzuwenden. So ist die Begrenzung von Freiflächenanlagen auf Autobahnrandstreifen aufzuheben. Zum anderen untergraben große Solaranlagen den besonderen Vorteil der erneuerbaren Energien, der gerade in ihrer Dezentralität liegt. Deshalb sind kleine Solaranlagen höher zu fördern. Allerdings ist der Förderdeckel von 52 Gigawatt aufzuheben. Schließlich darf die Energiewende nicht auf halbem Weg stehenbleiben. ARTUR BORST, Tübingen