Linke hat den Schwarzen Peter

PARTEIEN In Hessen wird ideologiefrei sondiert, wer mit wem eine Landesregierung bilden könnte

„Die Schuldenbremse gilt“

Tarek-Al-Wazir, Grünen-Chef in Hessen

WIESBADEN taz | In den vergangenen Tagen ist es wieder ein wenig unwahrscheinlicher geworden, dass es in Hessen doch noch zu einem – rein rechnerisch möglichen, aber hauchdünnen – rot-rot-grünen Bündnis in der Landesregierung kommen könnte.

Auf dem Landesparteitag der Linken in Langen-Mörfelden am vergangenen Samstag bekräftigte Parteichef Ulrich Wilken vor 139 Delegierten zwar erneut eine grundsätzliche Bereitschaft zu Kompromissen. Zugleich erklärte er, in den Sondierungsgesprächen „um keinen Jota“ von den im eigenen Wahlprogramm aufgestellten Forderungen abweichen zu wollen.

Zu diesen für SPD und Grüne schwer verdaulichen Forderungen gehört, neben der Verkehrspolitik, vor allem der Kampf der Linkspartei gegen eine Schuldenbremse. Das Verbot neuer Schulden ab 2020 wurde 2011 per Volksentscheid in der hessischen Verfassung verankert. Unlängst scheiterten die Linken mit einer Verfassungsklage gegen die Schuldenbremse, umso wichtiger scheint ihnen der politische Kampf dagegen zu sein – und den tragen sie nun in das ohnehin vorbelastete Ringen um eine Regierungsbildung mit SPD und Grünen. Die Linken-Fraktionschefin Janine Wissler betonte, es gehe ihrer Partei darum, Sozialabbau, Streichungen im öffentlichen Dienst und Privatisierungen zu verhindern – was allerdings nur mit mehr Geld aus Berlin denkbar ist.

„Die Schuldenbremse gilt, unabhängig davon, ob man dafür oder dagegen war“, erklärte Grünen-Chef Tarek Al-Wazir noch vor den ersten Sondierungsgesprächen der drei Parteien in der vergangenen Woche. Laut Al-Wazir ist noch immer ein „Politikwechsel“ im Lande das erklärte Ziel seiner Partei, und SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel hatte nach dem Gespräch von einer „engagiert-konstruktiven Atmosphäre“ geschwärmt – seine Gespräche mit der CDU hatte er dagegen als „außerordentlich konstruktiv“ gelobt. SPD, Grüne und Linkspartei haben sich zur Klärung der inhaltlichen Differenzen nun auf den 25. Okto- ber als nächsten „Open-End-Termin“ geeinigt. „Open-End“, das klingt schon ein wenig nach Endspiel.

In ganz anderer Atmosphäre hatten die Gespräche zwischen Thorsten Schäfer-Gümbel und dem hessischem Ministerpräsidenten Volker Bouffier stattgefunden. Im Anschluss an die Sitzung im Frankfurter Maintower am vergangenen Mittwoch hatte der SPD-Mann sogar im Scherz vorgeschlagen, man denke über eine „Rotation“ im Amt des Ministerpräsidenten nach. Bouffier erklärte, man sei „erheblich weitergekommen“, vor allem in Fragen wie dem Tariftreuegesetz. Das nächste Gespräch zwischen CDU und SPD findet am 29. Oktober statt. Schon am heutigen Dienstag treffen sich die Spitzen von CDU und Grünen im hessischen Landtag zu ihrer zweiten Gesprächsrunde.

ARNO FRANK