Friedehorst beendet Lohndumping

Arbeit MitarbeiterInnen und Vorstand der diakonischen Stiftung vereinbaren einheitliche Arbeitsverträge. Um das Unternehmen zu retten, verzichten alle auf zehn Prozent ihres Gehalts

300 Beschäftigte bekamen über Jahre bis 30 Prozent weniger Bezüge als ihre Kollegen

Die finanziell angeschlagene Bremer Diakoniestiftung „Friedehorst“ will ihren Betrieb zusammen mit den Beschäftigten aus der Krise führen und hat deshalb Hunderte Lohndumping-Verträge beendet. Alle 1.450 Beschäftigten würden nun rückwirkend zum 1. März dieses Jahres nach den Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bezahlt, sagte am Dienstag Mitarbeitervertreter Helmut Schümann. Der theologische Friedehorst-Vorstand Michael Schmidt sagte, Friedehorst habe sich für einen solidarischen Weg entschieden.

Schmidt vollzog damit, was sein Vorgänger Christian Frühwald mit den Mitarbeitenden ausgehandelt hatte. Diesem hatte das Kuratorium nach nur einem halben Jahr im Amt im April gekündigt. Er war der dritte Theologe an der Spitze von Friedehorst, der seit Juni 2009 die Stiftung verlassen hat. Frühwalds Vorgänger hatte die Stiftung überraschend und ohne Angaben von Gründen gefeuert.

Friedehorst versorgt 2.500 Menschen in Pflege, Betreuung, Rehabilitation und beruflicher Neuorientierung. Bei einer Bilanzsumme im Konzern von etwa 70 Millionen Euro ist laut Schmidt vergangenes Jahr ein siebenstelliges Minus unter anderem aufgrund defizitärer Bauprojekte aufgelaufen. Genauere Angaben machte er nicht.

Mehr als 300 Beschäftigte vor allem in der Altenpflege des Unternehmens haben über Jahre 20 bis 30 Prozent weniger Bezüge als die Mehrzahl ihrer Kollegen bekommen. Die Verträge führten zu Arbeitsgerichtsverfahren. Nun bekommen sie wieder mehr Lohn, eine betriebliche Altersvorsorge sowie Urlaubsgeld und höhere Zuschläge etwa für Nacht- und Schichtarbeit.

Das Ende dieser sogenannten „Analogverträge“ ist Teil einer Dienstvereinbarung, zu der allerdings auch ein Lohnverzicht von zehn Prozent für alle Beschäftigten gehört – gemessen am normalen AVR-Tarif. Den hat die Unternehmensspitze mit den Mitarbeitenden ausgehandelt und dabei die außertariflich vergüteten Vorstände eingeschlossen. Schmidt bezifferte den Verzicht, der befristet bis 2015 gelten soll, auf ein Volumen von jährlich eine Million Euro.

Die Atmosphäre zwischen Leitung und Mitarbeitenden habe sich grundlegend zum Positiven gewandelt, sagte Schümann. So seien Mitarbeitervertreter mit beratender Stimme mittlerweile im Kuratorium vertreten. In nächster Zeit soll überdies eine Mitarbeitervertretung mit 17 Mitgliedern für das gesamte Unternehmen gewählt werden. Zur Vorbereitung liefen am Montag Betriebsversammlungen.

2007 wurde die Gesamtvertretung zerschlagen, um ihre Stellung im Unternehmen zu schwächen. Seither gibt es für unterschiedliche Konzernteile sieben Vertretungen und einen Betriebsrat mit zusammen 48 Mitgliedern.  (epd/taz)