LESERINNENBRIEFE
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Lieber Programmkino als Kinokette

■ betr.: „Kino als Ware oder Kultur“, taz vom 11. 10. 13

Laut Geschäftsführer der Kinokette UCI sind also 70 Prozent der geförderten Filme für das Publikum uninteressant. Na ja, vielleicht für einen großen Teil des Publikums seiner Kinokette, dem es wohl nichts ausmacht, für einen überdurchschnittlich hohen Eintrittspreis elend lange Werbestrecken zu erdulden, um dann in brüllend lautem Dolby-Surround Meisterwerke wie „Schleimmonster gegen Mutantenviech Teil 56 1/2“ zu goutieren. Obwohl seit Jahren UCI-abstinent, habe ich nicht den Eindruck, in dieser Zeit allzu viele interessante Kinofilme verpasst zu haben, was an den zum Glück zahlreich vorhandenen Programmkinos mit ihrer hervorragenden Auswahl, der intimen Atmosphäre und den moderaten Preisen liegt. Und den Besucherzahlen nach können diese nicht so arg am Publikumsgeschmack vorbeiarbeiten. FRANK PÖRSCHKE, Hattingen

Überholtes Frauenbild

■ betr.: „Sind Femen reaktionär?“, sonntaz-Frage vom 5. 10. 13

Ich lehne es ab, mit nackten Kurven die Sensationsgier der Presse anzusprechen, sei es, um dadurch für einen Beruf werben zu wollen, sei es, um die gewonnene Aufmerksamkeit politisch zu nützen. Dagegen bewundere ich die waghalsigen Aktionen von Greenpeace. Natürlich setzen die Nacktproteste ein überholtes Frauenbild voraus und verstärken es noch: die Frau das lustbetonte Wesen. Vor allem aber könnten die fast nackten Protestiererinnen ebenso wie die provokante Aktion jener russischen Punk-Band in einer Kirche die gemäßigte Mehrheit der Leute in die Arme der Konservativen und Despoten treiben. CHRISTIAN FUCHS, Gutenstetten

Solche und solche Kathedralen

■ betr.: „Protz-Bischof“ sucht Erlösung im Vatikan“, taz v. 15. 10. 13

Was der Limburger Bischof da auf den Domhügel gebaut hat, ist schlicht, schön und benutzbar und hat den Steuerzahler dank des Vermögens des „Bischöflichen Stuhls“ keinen Euro gekostet.

Auch scheinen mir die dafür aufgewendeten 40 Millionen Euro billig. Keine Ahnung warum man ihm dafür Krankheit unterstellt. Auf diese Idee kommt man doch auch nicht beim Hessischen Ministerpräsidenten Bouffier, der in Kassel-Calden einen hässlichen, unnützen und mit 270 Millionen Euro um ein Vielfaches teureren Flughafen gebaut hat. Der auch noch mit 10 Millionen Euro jährlichen Unterhaltskosten voll vom Steuerzahler finanziert wird. Man hält das in Hessen erstaunlicherweise für normal! Genauso wie die Anhänger des unbegrenzten Flughafenausbaus sich nun mit dem Bau eines dritten Terminals in Frankfurt ein weiteres Zeichen ihres Glaubens an das Höher, Schneller, Weiter setzen wollen. Die neue Kathedrale des Flugverkehrs wird zusammen mit der bereits gebauten, aber wegen des weltweiten Rückganges des Flugverkehrs unnötigen neuen Landebahn grandiose 4 bis 5 Milliarden Euro kosten.

Da wünschte ich mir einen Tebartz-van Elst der für wenige Millionen Euro stattdessen am Frankfurter Flughafen eine funktionsfähige, ästhetisch ansprechende, nützliche Flughafenkapelle baut und die neue Landebahn konsequent zum Kreuzweg umgestaltet.

FRIEDHILDE SCHOLL, Frankfurt

Frauen als „Abhilfe“

■ betr.: „Recht auf Zärtlichkeit“, taz vom 14. 10. 13

Im Kontext des Themas „Liebe – Alter – Behinderung“ fällt mir immer wieder auf, dass Frauen nicht vorkommen, es sei denn als „Abhilfe“. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Es hätte mir besser gefallen, wenn dies Frau Oestreich aufgefallen wäre. Dann hätte sie auf der Fachtagung vielleicht doch etwas dazu gefunden. Oder das Fehlen kritisieren können. UTA VON MALLINCKRODT, Swisstal

Institutionen und Marschierer

■ betr.: „Der Seehofer der Grünen“, taz vom 15. 10. 13

Nun hat die Hybris den ersten grünen Landesvater offenbar völlig im Griff, hält er doch die letzte seiner zahlreichen Häutungen für das Geheimnis seines Wahlerfolgs. Vermutlich hat er noch immer nicht begriffen, dass ihn das (un)glückliche Zusammentreffen dreier Faktoren ins Amt gespült hat, als da wären: das Auftreten von Polit-Rambo Mappus, das AKW-Unglück von Fukushima und das Prinzip Stuttgart 21. Nun gibt er also den Seehofer und glaubt, seinen Parteigenossen im Bund seinen wirtschaftsfreundlichen Kurs empfehlen zu müssen. Damit entlarvt er bewusst oder unbewusst einen Gegensatz zwischen Wirtschaft und Wahlvolk in seinen Denkmustern. Hat ihn vielleicht „die Wirtschaft“ gewählt? Oder später einfach gleichgeschaltet? Es bleibt jedenfalls die Erkenntnis: Der Marsch der Alt-68er durch die Instanzen hat nicht die Instanzen verändert, sondern nur die Marschierer. KLAUS-ULRICH BLUMENSTOCK, Stuttgart

Zeitgeistpornografisch

■ betr.: „Türken lecken nicht“, taz vom 15. 10. 13

Da schien mir eine Kolumne wie die von Biobauer Matthias Stührwoldt (die zu meinem Bedauern abgesetzt wurde) allemal aufschlussreicher als das zeitgeistpornografische Geschreibe einer Jacinta Nandi („Die gute Ausländerin“) heute in der TAZ. Ist so eine Geschmacklosigkeit nun besonderer Ausdruck moralischer Selbstbefreiung für Zeitung wie Autorin? HELMUT SEIBERT, Dielheim