Manchmal geht Integration halt daneben
: KOMMENTAR VON FELIX LEE

Als hätte der WASG-Bundesvorstand wegen der Fusion mit der Linkspartei nicht schon genug Ärger am Hals: Mitten in der größten Krise der Wahlalternative heuert ein Bundesvorstandsmitglied bei der NPD in Sachsen an. Ein harter Schlag für die Glaubwürdigkeit der WASG.

Dabei ist, isoliert betrachtet, der Wechsel von ganz links nach ganz rechts nicht überzubewerten. Auch die Grünen hatten in ihrem Anfangsstadium mit braunen Kräften in den eigenen Reihen zu kämpfen. Sicherlich ist es auch kein Zufall, dass der Überläufer ausgerechnet den Zeitpunkt vor dem Bundesparteitag gewählt hat. Querschießer finden sich in allen Parteien.

Und doch tritt nun ein WASG-spezifisches Problem zutage, das auf ihre Gründung zurückgeht. Die neu entstehende Wahlalternative hatte 2004 einen Großteil ihrer Klientel auf Demonstrationen rekrutiert, auf denen in eigentlich widersprüchlicher Allianz sowohl Neonazis als auch Linke gemeinsam gegen Hartz IV wetterten. Ein Jahr später ging Oskar Lafontaine in Chemnitz auf rechten Stimmenfang, indem er von „Fremdarbeitern“ sprach, die Familienväter und Frauen mit zu niedrigen Löhnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Ist es Zufall, dass sich nun ausgerechnet in der gleichen Stadt ein WASG-Gründungsmitglied als NPD-Anhänger entblößt?

Im Grunde sind sich Politiker aller demokratischen Parteien darüber einig, dass besonders in Ostdeutschland Parteien wie die WASG und die Linke/PDS die Aufgabe haben, unzufriedene Protestwähler zu binden, die sonst zur NPD gehen würden. Erfolge der Rechtsradikalen gehen im Osten oft auf Kosten der PDS, und umgekehrt kommen Wahlniederlagen der Rechtsradikalen, etwa bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, vor allem dem linken Lager zugute. Weil ihr dieser Zusammenhang klar ist, kommen von der Linkspartei auch nur leise Töne der Kritik.

Es ist richtig, dass die Linken mit sozialpolitischen Forderungen punkten. Wer aber demagogisch und polemisch mit Sündenböcken und starken Vereinfachungen argumentiert, weil dies positive Resonanz findet, der hat schnell die unliebsamen Gestalten im eigenen Boot. Dann geht Integration halt auch mal daneben.