Keine Privilegien für den Hafen

NATURSCHUTZ Schwarz-Grün will in der Bürgerschaft ein entschärftes Gesetz beschließen. Hafenwirtschaft verzichtet auf juristisch wackelige Sonderrechte

Die Stiftung „Lebensraum Elbe“ ist eine Stiftung zur ökologischen Verbesserung der Unterelbe. Sie soll neue Flachwasserzonen und Wattflächen am Fluss entwickeln.

■ Das Stiftungskapital, von der Stadt Hamburg gestellt, beträgt zehn Millionen Euro. Zudem erhält die Stiftung jährlich vier Prozent der Hafengebühren und ein Prozent der Hochwasserschutzausgaben.

■ Aus Umstrukturierungen im Hafen fließen in den kommenden zehn Jahren nochmals rund 7,5 Millionen Euro. Dazu zählen auch Zahlungen für Eingriffe nach dem Naturschutzgesetz.

Birgit Stöver kommt aus dem Jubeln gar nicht mehr heraus: „Es macht den Charme der Koalition aus, die Interessen des Naturschutzes und der Wirtschaft optimal zu befriedigen“, schwärmt die „Fachsprecherin für Nachhaltigkeit“ der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Durch das neue Hamburger Naturschutzgesetz, das die schwarz-grüne Mehrheit heute Abend im Rathaus verabschieden will, werde „der Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie vernünftig aufgelöst“, sagt auch Olaf Ohlsen, hafenpolitischer Sprecher der Christdemokraten.

Denn das so genannte Hafenprivileg ist der strittigste Punkt im Gesetzeswerk gewesen. Im ersten Entwurf war eine Reihe baulicher Maßnahmen im Hafen zu „Nicht-Eingriffen“ erklärt worden, die nicht durch ökologischen Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle wieder gutgemacht werden müssen. Dazu zählten nahezu sämtliche Maßnahmen des Hochwasserschutzes, die Umgestaltung von Gewässern sowie Bau und Erweiterung von Kaianlagen.

Jegliche ökologische Ersatzmaßnahmen würden zu erheblichen Mehrkosten führen, welche „gerade angesichts der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzlage der Stadt nicht zu vertreten“ seien, applaudierte da auch die oppositionelle SPD.

Bei einer Expertenanhörung vor dem Umweltausschuss wurde jetzt allerdings deutlich, dass der Freibrief für den Hafen vor dem Naturschutzrecht des Bundes und der EU keinen Bestand hätte: Ausgerechnet der Verwaltungsrechtler Wolfgang Ewer, ein renommierter Rechtsbeistand der Hamburger Hafenwirtschaft, sprach der Stadt das Recht ab, „Nicht-Eingriffe“ zu bestimmen. Bei Klagen von Umweltschutzverbänden „droht juristischer Schiffbruch“, so Ewer. Reedereien aber würden nicht erst mehrjährige Prozesse bis zum Bundesverfassungsgericht abwarten, „sondern sich einen sicheren Hafen suchen“: Das Hafenprivileg, resümierte Ewer, „würde dem Hafen rechtlich schaden“.

Prompt zog nun die SPD ihren Antrag zurück und die Koalition entschärfte ihren Gesetzesentwurf. Der Begriff „Eingriff“ umfasst jetzt mehr Tatbestände. Sollte dennoch kein ökologischer Ausgleich möglich sei, müssen pro versiegelten Quadratmeter jährlich 7,50 Euro an die „Stiftung Lebensraum Elbe“ gezahlt werden. Auch deren Einrichtung soll morgen beschlossen werden.

Der Linksfraktion geht das alles nicht weit genug: Sie fordert den völligen Verzicht auf das Hafenprivileg. SVEN-MICHAEL VEIT