Menschenhandel zur Last gelegt

PROZESS Ehepaar soll Haushaltshilfe ausgebeutet haben. Angeklagte räumen Vorwürfe teilweise ein

Sieben Tage Arbeit pro Woche, kein Urlaub und auch kein Geld: Unter diesen Bedingungen soll eine junge Frau aus Ecuador eineinhalb Jahre lang für ein Hamburger Ehepaar gearbeitet haben. Wegen ausbeuterischen Menschenhandels und des Vorenthaltens von Lohn muss sich eine 42 Jahre alte Frau seit gestern vor dem Amtsgericht Barmbek verantworten. Ihr Mann, 44, ist wegen Beihilfe angeklagt. Am ersten Verhandlungstag ließ das Paar über ihre Anwälte den Vorwurf des Menschenhandels zurückweisen. Die Eheleute räumten ein, gegen das Aufenthaltsgesetz verstoßen und Sozialabgaben nicht abgeführt zu haben.

Geld erst später

Die junge Frau hatte bereits in Ecuador als Haushälterin für die Angeklagte gearbeitet. Vor dem Umzug nach Deutschland versprach diese ihrer Angestellten 200 Euro Gehalt plus einen monatlichen Bonus über 600 Euro. Das Geld sollte die 22-Jährige erst nach ihrer Rückkehr nach Ecuador erhalten. Im Falle einer Kündigung hätte sie laut Arbeitsvertrag den Bonus verloren.

Im Juni 2009 reiste die damals 18-Jährige mit einem Touristenvisum nach Deutschland und zog zur Familie in den Keller des Hauses in Volksdorf. Neben dem Haushalt war sie auch für das Essen, Einkäufe und die Kinder des Paares zuständig. „15 Monate schlief ich auf einem Sofa“, sagte sie jetzt. Erst danach habe sie ein Bett bekommen.

Vor Gericht schilderte die 22-Jährige mehrere Vorfälle, in denen sie sich schlecht behandelt gefühlt habe. So musste sie im Urlaub in Italien im Kofferraum mitfahren, da es keinen Sitzplatz für sie gab. Im Restaurant habe sie mitgebrachte Brote essen müssen. Ihren Reisepass habe sie trotz Nachfrage nicht von der Angeklagten zurückerhalten.

Im Dezember 2010 zog die Ecuadorianerin heimlich aus. Sie hat mittlerweile eine für die Dauer des Prozesses befristete Aufenthaltserlaubnis und arbeitet als Haushaltshilfe bei einer anderen Familie. Der Prozess wird Ende Oktober fortgesetzt.  (dpa)