Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Was mich an Ihnen so gereizt hat, ist Ihre Unnahbarkeit“, sagt Michel Piccoli als Lebemann Husson, als er Severine, die Frau eines befreundeten Arztes, die seine dreisten Avancen bislang stets zurückgewiesen hatte, nunmehr als Prostituierte in einem Bordell wiedertrifft. Gespielt wird Severine in Luis Buñuels Surrealismus-Klassiker „Belle de Jour“ (1966) natürlich von Catherine Deneuve, die aus ihrer reizenden Unnahbarkeit eine Jahrzehnte währende Karriere gebastelt hat und am 22. Oktober – man mag es kaum glauben – ihren mittlerweile 70. Geburtstag feiert. Im Lichtblick-Kino feiert man mit und zeigt Buñuels größten kommerziellen Erfolg, der davon erzählt, wie die unter Frigidität und masochistischen Zwangsvorstellungen leidende Severine ihre bürgerliche Existenz zeitweilig aufgibt, um sich im Bordell von ihren Obsessionen zu befreien. Tatsächlich erweist sich die vermeintliche Realität allerdings als ein surrealer Traum, in dem der spanische Regisseur seinerseits in ironischem Tonfall Obsessionen wie seiner Abneigung gegen die Bourgeoisie und der Bewunderung für den Marquis de Sade nachgeht. Ebenfalls gezeigt wird Buñuels Drama „Tristana“ (1970), in dem Deneuve dann noch einmal in einer Paraderolle zu sehen ist: Vom naiven jungen Mädchen, das in die Obhut eines lüsternen Onkels gegeben wird, entwickelt sie sich zu einer kühlen bourgeoisen Frau, die nach der Heirat mit besagtem Onkel nicht nur ebenjenen in der Hochzeitsnacht abweist, sondern ihn am Ende auch ungerührt sterben lässt. Zudem hat Deneuve als Tristana auch noch ein amputiertes Bein, was wiederum Alfred Hitchcock sehr faszinierte, einen weiteren Regisseur, der eine ebenfalls stark von seiner katholischen Erziehung geprägte Vielzahl von erotischen Fantasien auf die Leinwand bannte … (Belle de Jour (OmU) 19. 10., 22. 10.; Tristana 21. 10.–22. 10. Lichtblick-Kino)

In ihrem schönen Film „Der Glanz des Tages“ lotet das das italienisch-österreichische Filmemacherpaar Tizza Covi und Rainer Frimmel einmal mehr die Grenzen von Dokumentar- und Spielfilm aus und schickt den ehemaligen Zirkusartisten Walter Saabel als vermeintlichen „Onkel aus Rom“ in eine Begegnung mit dem Wiener Theaterstar Philip Hochmair. Ein unprätentiöses Experiment um zwei „Schausteller“, die ihr Leben völlig unterschiedlich angehen: der bodenständige, hilfsbereite Saabel den Menschen eher zugewandt, der nicht uneitle Hochmair komplett absorbiert von seiner Theaterarbeit. Man nähert sich an und entfernt sich auch wieder voneinander: Das Konstrukt ist fiktiv, doch das, was man über diese beiden Menschen im Lauf der fragmentarischen Handlung herausfindet, erscheint ganz real. (17. 10.–22. 10. fsk-Kino)