Halle mit Risiken und Nebenwirkungen

Mit viel Trara hat die Anschutz-Gruppe den Namen ihrer künftigen Mega-Arena verkündet. Dass die „O2 World“ landeseigene Hallen in Gefahr bringen könnte, wollte Klaus Wowereit gestern nicht hören – lieber ließ er sich über den grünen Klee loben

VON ANDREAS RÜTTENAUER

„Sie haben einen großartigen Bürgermeister!“ Tim Leiweke, Präsident der Anschutz Entertainment Group (AEG), war voll des Lobes über Klaus Wowereit. „Er ist ein großartiger Geschäftsmann“, sagte der aus den USA angereiste Manager, „ein Freund und ein großer Führer.“ Dabei strahlte er, wie wohl nur Amerikaner strahlen können. Klaus Wowereit saß in der ersten Reihe des Festzelts, in dem gestern der neue Name der riesigen Mehrzweckhalle, die am Ostbahnhof entstehen soll, verkündet wurde. Er lächelte milde über das Lob vom reichen Onkel aus Übersee.

„O2 World“ wird die Super-Arena für bis zu 17.000 Zuschauer heißen, deren Grundstein im Spätsommer gelegt werden soll. Der Regierende Bürgermeister bezeichnete das Projekt als „sensationell“ und lobte den Mobilfunkhersteller, der die Rechte als Namensgeber erworben hat, für sein Engagement. 150 Millionen Euro sollen bis Sommer 2008 verbaut werden. Die Halle entsteht ohne staatlichen Zuschuss, auch darüber zeigte sich Wowereit hoch erfreut. Dass mit der Arena am Ostbahnhof auch Konkurrenz für die landeseigenen Veranstaltungsorte Max-Schmeling-Halle und Velodrom entstehen könnte, davor hat Wowereit keine Angst. Wie der Geschäftsführer von AEG Deutschland, Detlef Kornett, ist der Regierende davon überzeugt, dass mit der neuen Halle viele neue Veranstaltungen nach Berlin gelockt werden können. „Letztlich wird jeder etwas vom Kuchen abbekommen“, so Kornett.

In den ersten drei Jahren rechnet die AEG mit mehr als 300 Veranstaltungen. Die Berliner Eisbären, die ebenfalls der Anschutz-Gruppe gehören, werden von Hohenschönhausen an den Ostbahnhof ziehen. Etwa 30 Heimspiele trägt der deutsche Eishockeymeister im Jahr aus, zu wenig, um eine teure Hightech-Arena rentabel betreiben zu können. Teure Logenplätze, die es zahlreich geben soll, lassen sich bei Sportveranstaltungen in Berlin nur schwer vermarkten – die dauerklamme Hertha BSC kann ein Lied davon singen. Für das große Geschäft sollen Konzerte internationaler Stars sorgen, die bis dato hauptsächlich in der Max-Schmeling-Halle oder im Velodrom stattfinden. Beide Hallen stünden dann wohl öfters leer. Weil aber auch mit diesen Events die neue Arena noch nicht ausgebucht wäre, bräuchte es noch einen regelmäßigen Mieter. Die Basketballer von Alba Berlin kämen dafür in Frage. Ihr Vizepräsident Marco Baldi steht einer Zusammenarbeit mit der Anschutz-Gruppe durchaus positiv gegenüber. Der Max-Schmeling-Halle könnte so ihr Hauptmieter abhanden kommen.

Dies könnte das Land, das seine mager ausgestatteten Hallen – ohne Logen oder „Business Seats“ – mit etwa 6 Millionen Euro jährlich bezuschusst, teuer zu stehen kommen. Gezahlt wird der Zuschuss, damit die Hallen für den Schul- und Vereinssport genutzt werden können. Außerdem zahlt Berlin der Betreibergesellschaft Velomax einen Betriebskostenzuschuss. Denn die Gebäude, die Anfang der 1990er-Jahre im Zusammenhang mit der gescheiterten Olympiabewerbung für das Jahr 2000 geplant wurden, sind schlichtweg unrentabel. Verlören sie weitere Mieter, müsste das Land den Zuschuss wohl erhöhen.

Klaus Wowereit zeigte sich gestern keineswegs beunruhigt ob solcher Rechnungen. Er war in Jubellaune. Es ist ihm wohl schon lange nicht mehr passiert, dass von Berlin gesprochen wurde wie in der Zeit kurz nach dem Mauerfall. AEG-Boss Tim Leiweke schwärmte von Berlin als einem europäischen Zentrum für Musik, Kunst und Unterhaltung. Wer will da schon an Betriebskostenzuschüsse denken?