Piepende Netze verscheuchen Schweinswale

Ungewollte Beifänge von Schweinswal und Delfin werden durch piepende Netze halbiert. Doch es gibt Alternativen zu den Krachmachern

Die 600 bis 1.000 Schweinswale in der Ostsee bekommen eine letzte Überlebenschance. „Pinger“, akustische Signalgeber, die an den Fischernetzen befestigt werden, verscheuchen die Tiere recht erfolgreich und verhindern, dass sie als ungewollter Beifang in den Netzen verenden. Dänemark war das erste Land, das schon ab dem Jahr 2000 Pinger für bestimmte Fischereigebiete obligatorisch vorschrieb. Die EU-Kommission folgte dem mit einer seit Mitte letzten Jahres geltenden Verordnung für Teile von Nord- und Ostsee. Studien in Dänemark und Schweden zeigen nun, dass diese Schallgeber wirken. „Statt früher über 10.000 ertrunkene Schweinswale in der Nordsee sind es jetzt nur noch 4.000 bis 5.000“, konstatiert Mats Amundin vom Kolmården-Forschungszentrum.

Was natürlich noch immer viel zu viel sei, aber immerhin einen Anfang bedeute. Bislang gilt die Pinger-Pflicht nur für Fischerboote über 12 m Länge. Und gerade in der Ostsee, wo der Schweinswal akut vom Aussterben bedroht ist, haben sich viele Fischer bislang erfolgreich gegen die Installation der Signalgeber gewehrt – obwohl die ursprünglichen Befürchtungen nicht eintraten, die Pinger könnten auch die Fische verscheuchen, die man in den Netzen haben wolle.

Stattdessen mussten die Investitionskosten in die 60 bis 100 Euro pro Stück teuren und in Abständen von 250 m am Netz zu platzierenden Geräte, die auch noch ständig gewartet und deren Batterien regelmäßig erneuert werden müssen, als Argument gegen die Pinger herhalten. Dieser Aufwand lohne sich aufgrund der minimalen Schweinswal-Bestände in der Ostsee überhaupt nicht, hieß es. Da hier ab 2008 sowieso ein umfassendes Verbot für Treibnetzfang gelten soll, priorisierten auch viele Regierungen das Thema nicht.

Dabei gelten die Pinger auch NaturschützerInnen nur als Notlösung. Schweinswale, die sich mit Ultraschall orientieren und mit einer Tonsignalsprache kommunizieren, vermeiden es, sich den für sie unangenehmen künstlichen Krachquellen auf mehr als 500 m zu nähern. Was ihren Lebensraum erheblich einschränkt. Von den möglichen Folgen des Unterwasserkrachs auf andere Meeresbewohner ganz zu schweigen.

Als Alternative zur Dauerbeschallung gibt es Pinger, die nur aktiviert werden, wenn sie den Ultraschall eines sich nähernden Schweinswals oder Delfins registrieren. Diese sind aber noch nicht ausreichend erprobt und relativ teurer.

Auch wird mit „reflektiven“ Netzen experimentiert, die bei den Meeressäugetieren im Gegensatz zu den gängigen Nylonnetzen ein Schallecho zurückwerfen und von ihnen daher rechtzeitig entdeckt und umschwommen werden können. Dies könnte zum Beispiel durch die Einarbeitung von Bariumsulfat in die Netze geschehen. Damit wird der durch die Netze ausgelöste Echoeffekt verstärkt.

Hundertprozentige Sicherheit gewähren alle diese technischen Lösungen nicht. Abgesehen von weiteren Fischfangbeschränkungen wäre vor allem die Einrichtung von geschützten Unterwasserreservaten erforderlich. Damit hätten die letzten Ostsee-Schweinswale zumindest eine Möglichkeit, ihren Nachwuchs von menschlichen Aktivitäten ungestört aufziehen zu können.

REINHARD WOLFF