Freundlichstes Parlieren mit Putin

Neben einem Vertrag zwischen BASF und Gazprom stand beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Russland vor allem die liebevolle Pflege der Beziehungen auf dem Programm. Den Kreml entzückte schon die Zusammensetzung der Delegation

AUS MOSKAU KLAUS-HELGE DONATH

„Perfekte Gespräche in perfekter Atmosphäre“, meinte Angela Merkel nach den zweitägigen Gesprächen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin im 3.500 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Tomsk. Gastgeber Putin war sichtlich zufrieden. Die eher kühle Dame aus Berlin hatte sich den Galanterien des aufmerksamen Exgeheimdienstlers schließlich auch nicht ganz entziehen können. Heiße sibirische Teigtaschen (Pelmeni) als Vorspeise sorgten schon am Mittwochabend für eine behagliche Atmosphäre. „Wir haben uns unseres gegenseitigen Wunsches nach einer strategischen Partnerschaft rückversichert, dies ist von fundamentaler Bedeutung“, sagte Putin sichtlich erleichtert.

Einen Tag vor Ablauf der Frist des Weltsicherheitsrats an den Iran, sein Urananreicherungsprogramm zu beenden, stand auch dieses Thema auf der Tagesordnung. Während die USA im Sicherheitsrat als Reaktion auf den erwarteten negativen Bericht des Direktors der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohammed al-Baradei, eine Resolution des Sicherheitsrats mit Sanktionsdrohungen anstreben, lehnen Russland und China dies bislang ab. Nach dem Treffen mit Merkel sagte Putin, Russland wolle sich um ein „abgestimmtes Vorgehen“ bemühen. Merkel pflichtete bei: „Es muss alles daran gesetzt werden, dass die internationale Gemeinschaft gemeinsam vorgeht.“

Doch vor allem stand in Tomsk die Pflege der Beziehungen an. Der Kreml richtet im Sommer den G-8-Gipfel der führenden Industriestaaten in Russland aus und war wegen des autoritären innenpolitischen Kurses und hemdsärmeligen Auftretens gegenüber ausländischen Partnern in der Energiepolitik im Westen mit wachsender Kritik bedacht worden. Für Moskau war es daher wichtig, dass sich an der Terminologie der Beziehungen nichts ändert. So blieb Merkel bei der „strategischen Partnerschaft“ und hielt sich überdies auch an den Wunsch der Russen, heikle politische Themen in der Öffentlichkeit nicht anzusprechen. Anlass hätte es in Tomsk gegeben. Am Vorabend der Visite war der Vertreter der von Schachweltmeister Gari Kasparow gegründeten „Vereinigten Bürgerfront“ brutal zusammengeschlagen worden. Die Bürgerrechtsgruppe plante eine Anti-Putin-Demonstration während des Merkel-Besuchs.

Für Verzückung sorgte auf der russischen Seite bereits die Zusammensetzung der deutschen Delegation. Mit acht Ministern und zahlreichen parlamentarischen Staatssekretären hatte noch nie eine hochkarätigere Mannschaft an den seit Ende der 90er-Jahre turnusmäßig stattfindenden deutsch-russischen Regierungskonsultationen teilgenommen. Flankiert wurde sie von Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft.

Den Höhepunkt des Treffens bildete die Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen der BASF und Gazprom über eine gemeinsame Erschließung des sibirischen Gasfelds Juschno-Russkoje. Zunächst war auch von einer Beteiligung der Eon an der Erschließung ausgegangen worden, die bislang aber nicht zustande kam. Im Gegenzug erwartet der russische Gasgigant eine Beteiligung an dem Geschäft mit dem Gas-Endverbraucher in Europa. Wirtschaftsminister Michail Glos hatte für das Anliegen der russischen Gasowiki durchaus Verständnis. Dem Wunsch Gazproms wird in Deutschland wohl stattgegeben. Auch die Engländer, die in der letzten Woche noch planten, eine Fremdbeteiligung durch Gesetzesänderung zu erschweren, sind inzwischen eingeknickt. Die Drohungen des Kreml, russische Energiereserven langfristig Richtung Asien und Amerika umzulenken, haben ihr Ziel nicht verfehlt. Der Westen ist schwach geworden und bereit, jede Preiserhöhung hinzunehmen. „Trotz der großen Nachfrage nach Energieressourcen wird jede Ausflucht verwendet, um uns im Norden, Süden und im Westen zu begrenzen“, sagte Putin in Tomsk. Er verschwieg indes, dass Gazprom kein Wirtschaftsunternehmen, sondern eine Staatsagentur ist, die mit Gas nicht nur Geld verdienen will.

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