EU-Klimaschutz billiger als erwartet

ERDERWÄRMUNG Treibhausgas-Senkung um 20 Prozent kostet nach neuer Rechnung 48 statt 70 Milliarden

Die Kostensenkung wird auf die gesunkene Produktion durch die Krise zurückgeführt

BONN taz | Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sieht zum Abschluss der Petersberger Klimagespräche Fortschritte in den internationalen Verhandlungen. Aus der „Dynamik des Treffens“ habe sich unter anderem eine Initiative zwischen Deutschland, Südafrika und Südkorea ergeben, die Entwicklungsländer dabei unterstützen soll, „grüne“ Wachstumsstrategien zu entwickeln. Die Bundesregierung hat zudem in Bonn bekannt gegeben, dass die in Kopenhagen zugesagten Finanzhilfen für Entwicklungsländer von 420 Millionen jährlich jeweils zu einem Drittel in den Waldschutz, in die Emissionsminderung und in Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel fließen sollen. Davon sind allerdings nur 70 Millionen wirklich neues Geld.

Röttgen hat zudem unterstrichen, dass die Europäische Union (EU) ihr Ziel zur Reduktion der Treibhausgase bis 2020 von 20 auf 30 Prozent erhöhen sollte. Dass dies auch wirtschaftlich möglich ist, zeigt ein Dokument der Europäischen Kommission, das der taz vorliegt. Hierin hat die EU berechnen lassen, wie viel eine 20- und wie viel eine 30-prozentige Minderung kosten würde. Das Ergebnis: Eine Reduzierung um 30 Prozent würde heute nicht mehr viel mehr kosten, als für eine 20-Prozent-Minderung vor zwei Jahren angenommen wurde.

„Die entscheidende Frage ist nicht ob, sondern wie und wie schnell die EU dieses Ziel kosteneffizient erreichen kann und wann die politisch sehr sensible Entscheidung getroffen wird“, heißt es in dem Papier.

Vor zwei Jahren war berechnet worden, dass das 20-Prozent-Ziel 70 Milliarden Euro kosten würde. Die neue Rechnung zeigt, dass die Kosten inzwischen auf 48 Milliarden Euro gesunken sind. Eine Minderung um 30 Prozent würde nur 33 Milliarden Euro extra kosten – eine Summe, die in dem Dokument als „relativ niedrige Zusatzkosten“ bezeichnet wird. Gegengerechnet werden müssten positive Effekte wie reduzierte Gesundheitskosten.

Die Kostensenkung wird hauptsächlich auf die gesunkene Produktion in der Wirtschaftskrise zurückgeführt. Es wird erwartet, dass das Papier Ende Mai kurz vor dem nächsten Treffen der EU-Staats- und -Regierungschef veröffentlicht wird.

„Vor dem Hintergrund dieser Analyse ist es allerhöchste Zeit, dass die EU ohne Vorbedingungen ein Klimaschutzziel von 30 Prozent zusagt“, sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Die EU würde das vermutlich keinen Cent zusätzlich kosten. NADINE MICHEL