Ein Baum fällt unter Polizeischutz

SCHÖNEBERG In der Crellestraße wird letzte Linde gefällt, die einem Bauprojekt noch im Weg steht

Monatelang haben die Anwohner der Crellestraße in Schöneberg um den Erhalt von drei Linden gekämpft. Vergebens. Zwei der Bäume hat das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg bereits Anfang Oktober fällen lassen. Am Donnerstag war es auch um den letzten Baum geschehen.

Am Vormittag riegelte die Polizei den Straßenabschnitt ab und postierte Beamte vor den Hauseingängen. So hatten die Arbeiter mit der Kettensäge ein leichtes Spiel.

Auf dem Grundstück Crellestraße 22 a, vor dem die drei Linden standen, sollen 34 Eigentumswohnungen entstehen. Die Gegend ist ein gewachsener Kiez, die Anwohner haben sich vor vielen Jahren eine Verkehrsberuhigung erkämpft. Die Luxuswohnungen mit Tiefgarage und Autoaufzug, wie sie die Property Service Group PSG plant, „passen hier überhaupt nicht hin“, sagte eine Anwohnerin. Gemeinsam mit Nachbarn und Passanten verfolgte sie die Fällaktion hinter der Polizeiabsperrung.

Auch die 49-jährige Antje Jochum war dort. Die große Frau mit den langen schwarzen Haare hatte die vergangenen Tage in der Krone der Linde in einer Hängematte Wache geschoben. Alle paar Stunden war Wechsel. Dann ging ein anderer hoch. Am Donnertag wollte Antje Jochum gerade nach oben klettern, als fünf Zivilpolizisten den Baum umstellten. „Sie haben uns ausgekundschaftet und nicht mehr hochgelassen“, sagte Jochum fassungslos.

Die Anwohner haben nun Angst, dass es bei der Baumfällung nicht bleibt. Das Areal grenzt an die Böschungsanlagen der S-Bahn. Dort ist das Unterholz so dicht, dass die Anwohner von einem Urwald sprechen. Die Bezirksverordnetenversammlung hat den Beschluss gefasst, dass der Hang mit der Böschung nicht angegriffen werden darf.

Der zuständige Stadtrat Daniel Krüger (CDU) verweist indes darauf, dass es für zwei weitere Bäume im Böschungsbereich eine Fällgenehmigung gebe, weil deren Standsicherheit durch die Baumaßnahmen nicht mehr gewährleistet sei.

Als die Polizei abgezogen war, sammelten Anwohner die Strickleiter, Hängematte und Transparente ein. Andere pflücken von dem darniederliegenden Baum Zweige ab. „Wer hier einzieht, wird nicht glücklich“, prophezeite eine Frau wütend.

PLUTONIA PLARRE