Westen feiert Drittklassigkeit

Die geplante dritte Bundesliga kommt bei den unterklassigen NRW-Vereinen gut an. Nach Jahren des Niedergangs erhoffen sich Westclubs einen Aufschwung durch die Professionalisierung

VON HOLGER PAULER
UND MARTIN TEIGELER

Bundesliga Drei – NRW wäre gerne dabei. Die Amateurvereine aus dem größten Bundesland reagieren durchweg positiv auf die Ankündigung des Ligaverbands DFL, ab 2008 eine dritte Bundesliga einzuführen (taz berichtete). „Das haben wir seit Jahren gefordert“, sagt Rolf Hempelmann, Präsident von Rot-Weiss Essen und SPD-Bundestagsabgeordneter. „Endlich klappt es mit der reinen Profiliga“, sagt Paul Jäger, Geschäftsführer von Fortuna Düsseldorf. Besonders die unterklassigen Traditionsvereine aus dem Fußball-Westen verbinden mit der geplanten Reform die Hoffnung auf ein sportliches und wirtschaftliches Comeback.

1963 war die 1. Bundesliga gegründet worden, 1974 folgte die zweite Liga. Mit der Spielzeit 2008/2009 soll nun die dritte Profiliga an den Start gehen. Zugleich sollen nur noch drei statt bisher vier Clubs aus der zweiten Liga absteigen. Unter der neuen dritten Liga sind drei Amateur-Regionalligen vorgesehen, eine Stufe tiefer bleibt es bei neun Oberligen. Im kommenden Herbst soll die Strukturreform offiziell vom Fußballdachverband DFB beschlossen werden. „Der DFB hinkt anderen europäischen Ländern mit dieser Entscheidung hinterher“, sagt der Dortmunder Sozialwissenschaftler und Fußballforscher Uwe Wilkesmann. De Facto sei die jetzige dritte Liga, die Regionalliga, nie eine reine Amateurklasse gewesen. In England etwa gibt es bereits seit 1920 eine dritte, reine Profiliga.

„Die bisherige Regionalliga ist das programmierte Armenhaus“, sagt Rüdiger Knaup, Vorsitzender der SG Wattenscheid 09. Der ehemalige Bundesligist kämpft derzeit mal wieder ums Überleben. „Die dritte Profiliga ist notwendig und überfällig“, so Knaup. Die Diskrepanz zwischen zweiter und dritter Liga sei derzeit nicht zu überwinden. „Wir bekommen in der kommenden Saison 365.000 Euro an Fernsehgeldern“, sagt Knaup, ein durchschnittlicher Zweitligist kann mit der zehnfachen Summe rechnen. „Im Falle eines Abstiegs fallen die Vereine ins Bodenlose. Es gibt keine Planungssicherheit.“

Eine zentrale Vermarktung sei notwendig, fordert Knaup. Und ein zentraler Name. „England hat es vorgemacht.“ Das Logo ‚Regionalliga‘ sei doch „eine Mogelpackung.“ Spiele zwischen Chemnitz und Oberhausen könne man doch nicht unter diesem Motto verkaufen, sagt der Clubchef. „Wenn am Wochenende in der Dritten Bundesliga Partien zwischen St. Pauli und Augsburg laufen, hat das doch einen ganz anderen Touch.“

Dritte Bundesliga statt Regionalliga? Seit Jahren hatten besonders Vereinsvertreter aus NRW die bisherige Halbprofiklasse kritisiert. „Schweineliga“ nannte der frühere Essener Trainer Jürgen Gelsdorf sie einmal. Besonders klagen die laut bisherigem DFB-Reglement als Amateurclubs eingestufte Vereine wie Düsseldorf oder Wattenscheid über die „Wettbewerbsverzerrung“ durch den Einsatz hochbezahlter Stars in den „zweiten Mannschaften“ der Bundesligaclubs.

Zudem machen die Reserveteams der Erstligavereine die bisherige Regionalliga unattraktiv – für Medien und Fans. „Die Zweitvertretungen bringen teilweise nur ein oder zwei Zuschauer mit ins Stadion“, sagt RWE-Präsident Rolf Hempelmann. In der neuen dritten Profiliga sollen die Reservemannschaften reicher Eliteclubs wie Bayern, Schalke oder Leverkusen nicht mehr mitspielen dürfen.

„Der Wegfall der Zweitvertretungen macht die Liga für Zuschauer und Fernsehsender interessanter“, so Fußballforscher Wilkesmann. Die Frage der lukrativen TV-Vermarktung ist dabei noch völlig offen. „Die geplante Einführung einer 3. Profiliga in Deutschland ist ein sehr interessanter Vorschlag“, sagt Axel Balkausky, Chefredakteur des Deutschen Sportfernsehens (DSF). Der Münchner Senderchef will „die kommende Entwicklung ganz genau verfolgen und zum gegebenen Zeitpunkt über ein mögliches TV-Engagement entscheiden“.