SOUNDTRACK

Während „breit aufgestellt“ mancherorts immer schon für etwas Gutes gehalten wurde, war das in der Popmusik lange Zeit eher eine Chiffre für besondere Profillosigkeit, die sofort bestraft wurde von den Fans, die nicht mehr wussten, woran sie sind und sich deshalb eindeutigeren Dingen zuwendeten. Dieses Phänomen gibt es natürlich immer noch, alles in allem aber erfreut man sich doch heute eher an großer Vielfältigkeit und so zum Beispiel auch an: Mark Lanegan. Der Mann ist manchen vielleicht noch bekannt als Gitarrist der „Screaming Trees“, den begabten, aber vergleichsweise unbekannten Geschwistern von „Nirvana“, später tauchte er als Mitglied der „Queens of the Stone Age“ wieder auf. Gleichzeitig – das wissen schon bedeutend weniger – zeichnet er für eine Vielzahl an Kooperationen verantwortlich, unter anderem mit Kurt Cobain und mit Isobell Campbell, mit der er 2006 das tatsächlich balladeske „Ballad of Broken Seas“ und 2008 den Nachfolger „Sunday at Devil Dirt“ aufgenommen hat. Und damit ist auch bereits der musikalische Raum durchschritten, in dem Lanegan sich auf seinen – ebenfalls stark durch die jeweiligen „Gastmusiker“ geprägten – Solo-Platten bewegt. Hier sägende Gitarren mit hohem Destruktionsfaktor, dort leise und rauhstimmige Kauzigkeit in der Nähe von Bands wie „Tindersticks“ und „16 Horsepower“ Sa, 8. 5., 19 Uhr, Übel & Gefaehrlich, Feldstraße 66 Wiedersehen mit alten Bekannten kann man das wohl nicht nennen, wenn die Residents (Foto) mal wieder vorbeikommen. Schließlich hat die Band in ihrer mittlerweile gut 40-jährigen Geschichte zwar ebenso viele Alben veröffentlicht und diverse Touren gespielt, aber dabei auch immer sorgsam darauf geachtet, die Identität der Beteiligten zu hüten wie den Schatz im Silbersee. Das Einzige, was man über die seltsam verkleideten, wohl auch schon älteren Herrschaften deshalb weiß: Hinter ihnen stehen nicht, wie in den 70er Jahren mal vermutet, die „Beatles“. Der legendäre Ruf dieser Band gründet letztlich aber weniger auf dieser Geheimhaltungspolitik, sondern auf dem grundsätzlichen und auch musikalisch umgesetzten Konzept, die Erwartungen des Pop-Betriebes eben überhaupt gar nicht zu erfüllen. Vieles ist damit aus der Perspektive der so genannten normalen Hörgewohnheit schlichtweg unhörbar, um im Augenblick der Gewöhnung auch die andauernde Dekonstruktion doch nur mit ironisch-leichtfertiger Geste wegzuwischen. Mo, 10. 5., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36 Die Band hat Punk überlebt, die großen Hits, die sie selber aus streng politisch-pädagogischer Motivation in den Fußballstadien und Dorfdiscos platziert hat, die Werbeclips, zu denen sie selbst den Soundtrack beigesteuert haben. Viele haben ihnen das alles sehr übel genommen, zuerst jene, die Chumbawamba „noch in der B5“ gesehen haben, dann die, die den Wechsel „zur Industrie“ ideell nicht verkraften konnten. Jetzt sind sie alle irgendwo glücklich geworden. Nur „Chumbawamba“ verbreiten auch mit ihrer mittlerweile 17. Platte weiter trotzig und dabei überhaupt gar nicht verbiestert anarchistisches Beharrungsvermögen für die Tanzfläche und den Normalbetrieb. Di, 11. 5., 21 Uhr, Lola, Lohbrügger Landstraße 8 NILS SCHUHMACHER