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Archiv-Artikel

„Er bat mich zu sagen, wo es brennt“

Heinz Ratz und seine Band Strom & Wasser kamen in die Schlagzeilen, als es der NPD in Halberstadt gelang, eines ihrer Antifa-Tour-Konzerte mit Konstantin Wecker zu verhindern. Ein Interview mit dem Liedermacher

taz: Es sind einige Wochen nach dem großen Medienrummel um eure Konzertabsage in Halberstadt vergangen. Was hat sich für euch verändert?

Heinz Ratz: Erst mal hat sich ja viel auf Konstantin Wecker fokussiert. Nun muss man mal abwarten, was passieren wird, wenn wir wieder im Osten touren. Vorgestern haben wir in Berlin-Hellersdorf unter Polizeischutz gespielt.

Gibt es auch persönliche Bedrohungen?

Na ja, ich bekomme Drohmails. Das Übliche halt. Den Konzertveranstaltern teilen wir inzwischen vorher mit, was eventuell auf sie zukommen kann. Das ist auch unsere Verantwortung unserem Publikum gegenüber.

Ihr warnt also vor rechten Störern, die das Konzert als Bühne nutzen könnten?

Ja, genau. Das ist zwar im Westen nicht so wahrscheinlich, aber in Hellersdorf oder bei den kommenden Auftritten im Osten schon möglich. Man weiß ja nicht, wo die dann auftreten werden.

In Hoyerswerda und Halberstadt wurde eure Antifa-Tour abgesagt, mit der Begründung, es gebe dort keine Nazis und die NPD sei eine demokratische Partei. Wie habt ihr darauf reagiert?

Für uns war von vornherein klar, dass wir unsere Tour mit dem Namen „Nazis, raus aus unserer Stadt!“ nicht zensieren lassen würden. Einige wollten den Titel schwärzen, andere wollten uns gar nicht auftreten lassen. Wir akzeptieren die Ängste vor Ort, man muss aber dennoch sagen, dass es geschichtlich mit den Rechten doch nur so weit gekommen ist, weil es an Zivilcourage mangelte und die Leute Angst vor ihnen hatten.

Welche Veranlassung hatte Strom & Wasser, die Tour unter diesem Titel laufen zu lassen?

Wir wollten auf die schwierige Arbeit der Jugendhäuser aufmerksam machen, die gemeinsam mit der Antifa gegen das Problem mit rechten Gruppierungen angehen. Sie werden vor Ort von den Politikern meist ignoriert. Ihnen fehlt die Rückendeckung.

Und wie kam es zur Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker?

Konstantin Wecker kannten wir, da wir mal im Vorprogramm von ihm gespielt hatten. Da er die Straßensicht nicht kannte, bat er mich zu sagen, wo es brennt. Er war sofort dabei, da er keiner der Persönlichkeiten ist, bei denen Wort und Tat weit auseinander liegen.

War der Trubel um die Konzertabsage im nachhinein mehr als ein medialer Erfolg?

Ziel war es, auf die Situation aufmerksam zu machen. Die meisten Medien haben sich auf die Absage eines Konstantin-Wecker-Konzerts konzentriert. Dennoch haben einige auch das Problem der schwierigen politischen Arbeit thematisiert. Doch wie das Ganze so ist, hat es auch die in rechten Kreisen zu einer Mobilisierung geführt. Für unseren Open-Air-Auftritt in Halberstadt haben sie bereits angekündigt „eine Meile der Demokratie“ bauen zu wollen.

Heute in Hannover, Faust; 5.5. Fresenhagen, Rio-Reiser-Haus; 6.5. Oldenburg, Unikum; 7.5 Hamburg, Foolsgarden; 13.5. Rostock, MS Stubnitz; 20.5. Lutterbek, Lutterbeker