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KULTURPREKARIAT „Haben und Brauchen“, ein Zusammenschluss bildender Künstler, lädt zum „Großen Strategietreffen“ in Sachen City Tax

„Von den zusätzlichen Einnahmen wird ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kultur zugutekommen. Davon wird auch die freie Szene profitieren“

KLAUS WOWEREIT FÄHRT CITY-TAXI

Es ist ja nicht so, dass man nichts erreicht hätte. „Haben und Brauchen“, ein Zusammenschluss Berliner Künstler innerhalb der „Koalition der Freien Szene“, hat in den letzten Monaten mit verschiedenen Aktionen auf sein Anliegen aufmerksam gemacht. Man verlangt, grob gesagt, einen anderen Umgang der Stadt Berlin mit den freischaffenden Künstlern und Kreativen, die für das touristisch vermarktbare Flair in der Stadt sorgen – die aber angesichts steigender Mieten und knapp werdender Freiräume Angst vor zunehmender Prekarisierung haben.

Man hat in den letzten Monaten etwa einen öffentlichen Brief in der taz veröffentlicht, sich mit Politikern aller Parteien zu Gesprächen getroffen und Aktionstage mitveranstaltet. Man hat auch medial viel Zuspruch gefunden, von den Politikern viele warme Worte gehört und irgendwann sogar wirklich geglaubt, man könne mit dem Senat in einen fruchtbaren Dialog treten. Klaus Wowereit sagte zwar kürzlich: „Von den zusätzlichen Einnahmen wird ein nicht unbeträchtlicher Teil der Kultur zugutekommen. Davon wird auch die freie Szene profitieren.“ Aber was heißt das?

Bei dem öffentlichen „Großen Strategietreffen“, zu dem „Haben und Brauchen“ am vergangenen Mittwoch ins ExRotaprint-Gebäude Mitte lud, war eher Ernüchterung zu spüren.

Was man denn nun konkret erreicht habe? Dann doch eher nichts. So zumindest das Fazit von Florian Wüst, einem der Mitinitiatoren der Gruppe, der meinte: „Gegenüber der Politik sind wir kaum weiter.“

Die Gelder aus der City Tax, die wahrscheinlich 2014 in Berlin eingeführt wird, will man zumindest zu einem Teil bekommen. Doch der Berliner Senat hält sich weiterhin bedeckt, was er mit den Mehreinnahmen anstellen wird. Regelrecht zermürbt fühlten sich viele der Künstler von den Hinhaltetaktiken der Berliner Politiker, sagten einige der Kreativen in der Runde.

Die vom Senat initiierte Konferenz „K2“ beispielsweise, die Ende letzten Jahres stattfand mit dem Versprechen, Kulturpolitiker und Kunstschaffende an einen Tisch zu bringen, sei ein Desaster gewesen; einer sprach vom „Gipfel der Frechheit“ und von einem „unaufgearbeiteten Trauma.“ Zur großen Frage wurde somit, ob man angesichts der Tatsache, dass die Einmischung in die konkrete Berliner Kulturpolitik ein so großes Frustrationspotenzial bereithält, weiter intensiv Lobbyarbeit betreiben oder erst mal gruppenintern das eigene Profil schärfen soll.

Wie mobilisiert man mehr Künstler, vielleicht auch unabhängige Filmemacher und Netzaktivisten, sich für die Anliegen von „Haben und Brauchen“ starkzumachen? Gibt es nicht noch mehr Möglichkeiten, ohne öffentliche Gelder auszukommen? Wie kommt man mit einer weiteren zentralen Forderung von „Haben und Brauchen“ voran, nämlich Künstlerhonorare auch bei Gruppenausstellungen obligat zu machen, was oft nicht der Fall ist?

Dieser Diskurs nach innen soll intensiviert werden, um dann, angesichts der konstatierten permanenten Verschlechterung der Lage für die Künstler in Berlin, weiter nach außen zu wirken.

ANDREAS HARTMANN