Eine schmerzhafte Ohnmacht

FLÜCHTLINGE IM HUNGERSTREIK

Auf dünnen Isomatten, zwischen Plastiksäcken mit Habseligkeiten, sitzen 29 Flüchtlinge, viele eingemummt in Decken. Ihr Blick ist leer, ihr Magen auch. Seit Donnerstag voriger Woche sind sie im Hungerstreik, seit Montag trinken sie auch nichts mehr. Eine Tortur für ihre Körper.

Um die Flüchtlinge herum stehen Polizisten und Sanitäter, die seit Mitte der Woche fast im Stundentakt die Kollabierenden ins Krankenhaus verfrachten. Drum herum stehen aber vor allem Touristen. Es ist ein bisschen wie im Zoo. Wie im politischen Zoo: Denn die Flüchtlinge protestieren am Brandenburger Tor.

Einige hundert Meter weiter hatte sich die Bundespolitik kürzlich zu Sondierungsgesprächen getroffen. Später erklärten die Parteichefs, wer vielleicht mit wem kann. Zu den Flüchtlingen, die sich dafür martern, einfach nur in Deutschland sein zu dürfen, sagten sie nichts. Das hat eigentlich auch keiner erwartet. Und genau das ist das Problem: An die Politik glaubt in Situationen wie dieser niemand mehr.

Die Landespolitiker erklären, es wäre Aufgabe des Bundes, eine aufenthaltsrechtliche Lösung zu finden. Dabei wissen sie ganz genau, dass das Bundesinnenministerium seit Jahrzehnten nichts weniger will als das und wiederum gern auf die europäische Dimension verweist – wo aller Tragödien zum Trotz neue Ideen noch viel länger der Umsetzung harren.

Eine mutige Initiative wie die des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg am Oranienplatz ist nicht in Sicht. Nicht von der Kirche, nicht von anderen Gruppen der Zivilgesellschaft. Weil diese wissen, dass auch sie keine befriedigende Lösung anbieten können? Denn so ist es ja leider. So entwickelt sich ein Gefühl der Ohnmacht – bei den Flüchtlingen und auch bei denen, die eigentlich helfen wollen. Eine Ohnmacht, die wehtut.

BERT SCHULZ