Der Kohlekämpfer

Mit einem geradezu ostblockartigen Ergebnis haben ihn die Delegierten im Amt bestätigt: Mit 99,2 Prozent wurde Michael Vassiliadis (Foto) auf dem Gewerkschaftskongress der IG BCE (Bergbau, Chemie, Energie) als Vorsitzender wiedergewählt. Nicht nur die Ergebnisse erinnern bei dieser Gewerkschaft an früher, sondern auch ihre Politik. Die IG BCE bietet ein authentisches Siebziger-Jahre-Gefühl: der Zeit gemäß, als Gewerkschafter vor Atomkraftwerken und Chemiefabriken für die Politik ihrer Unternehmen demonstrierten und die Ökobewegung dagegen.

Die dem rechten SPD-Flügel nahestehende IG BCE ist für die Sozialdemokraten das Pendant zum Wirtschaftsflügel der Union: die hartnäckigsten Kämpfer gegen die Energiewende. Dass das so ist, würde die IG BCE natürlich öffentlich niemals einräumen: „Wir stehen zum Atomgesetz von 2011“, so Vassiliadis auf dem Gewerkschaftskongress. Und dann kommt das Aber: „Aber wer das will, der muss dann auch akzeptieren, dass Braunkohle verstromt wird, um die Kernkraft zu ersetzen und den erneuerbaren Energien den Weg zu ebnen.“

Seine Gewerkschaft bildet die vielleicht einflussreichste Braunkohlelobby des Landes. In Brandenburg half sie, über 60.000 Unterschriften für die Erweiterung der Tagebaue zu sammeln. Ihren früheren Gewerkschaftsvize, den Lausitzer Kohlekämpfer Ulrich Freese, hat die SPD gerade in den Bundestag geschickt.

Zum Lieblingsgegner der IG BCE ist Greenpeace geworden. Im Frühjahr veröffentlichten die Umweltschützer ihr „Schwarzbuch Kohlepolitik“, Vassiliadis rangiert dort unter der Kategorie „Überzeugungstäter“. Der IG-BCE-Chef konterte damals, diesen „Stil der persönlichen Diffamierung“ kenne man „sonst nur aus dem rechtsextremen Lager“. MARTIN REEH