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: Theorie und Praxis der Verwertung

Dort, wo die Glas- und Altpapiercontainer stehen, lässt sich bis zur Verzweiflung das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis studieren. Theorie ist, dass für ein nicht besonders großes Wohnviertel zwei Altpapier-, drei Glascontainer und ein Behältnis für den Müll mit dem grünen Punkt eigentlich reichen müssten. Praxis ist, wenn einer mit einem schwankenden Altpapierstapel auf dem Arm zum Recyclingplatz torkelt und er sich durch Haufen aufgeweichter Kartons arbeitet – nur um festzustellen, dass der Container gerammelt voll ist.

Praxis ist, dass es Leute in diesem Wohngebiet gibt, die haben kleine Läden oder einen Imbiss und ab und zu beschaffen sich manche auch sperrige Konsumgüter. Die Sachbearbeiter im Bezirksamt können sich gar nicht vorstellen, was da an Kartonage anfällt. Auch dass die Leute ihre Pappe nicht wieder nach Hause schleppen, um sie auf den Recyclinghof zu fahren, ist als Realtität zwar schwer zu akzeptieren, aber kaum zu ändern.

Ein gerüttelt Maß an Lebenserfahrung ist schließlich notwendig, um sich vorstellen zu können, dass ein gelber Container mit Schlitz ein Angebot minderer Güte darstellt. Wer will schon löffelrein geputzte Fischdosen oder Joghurtbecher einzeln aus der Tüte fingern und durchs Containermaul pfriemeln. Der schöne große Grüne-Punkt-Container findet also seine Bestimmung darin, pflichtgemäß von Gläsern und Flaschen geschraubte Deckel aufzunehmen – mitnichten allerdings seine Erfüllung. Dabei wäre ein dritter Papiercontainer an seiner Stelle so viel hungriger. Gernot Knödler