Illegal zum Arzt

Bremer Ärzteschaft attackiert geltende Gesetzeslage für Gesundheitsversorgung der Asylbewerber und Papierlosen

Als Ausdruck einer „Drei-Klassen-Medizin“ werten Bremer Ärzte den Zustand der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und Papierlosen. „Selbst eine einfache Schutzimpfung ist nach der geltenden Gesetzeslage für Papierlose nicht vorgesehen“, sagte Bernward Fröhlingsdorf, Kinderarzt aus Bremen bei einer Veranstaltung der Ärztekammer in der vergangenen Woche. Harmlose Krankheiten würden nicht rechtzeitig behandelt und sich deshalb teils erheblich verschlimmern – Beispiele, mit denen die Ärzteschaft ihre Forderung nach einer rechtlichen Gleichstellung aller Patientengruppen untermauerte.

Informelle Arbeitsverhältnisse gingen oft mit mangelhafter Arbeitsplatzsicherheit einher, so Fröhlingsdorf. Unfälle und chronische Erkrankungen beträfen papierlose ArbeitnehmerInnen daher überproportional häufig. Die mangelhafte medizinische und psychosoziale Versorgung von Kindern ziehe oft schwer wiegende Entwicklungsstörungen nach sich.

Zuhörer wiesen darauf hin, dass die Bremer Ärztekammer in der Vergangenheit eine Unterscheidung zwischen Patienten mit und ohne Aufenthaltsstatus für unvereinbar mit der ärztlichen Berufsethik erklärt hatte. Zudem würden sich Ärzte, die Menschen ohne Papiere behandelten, nicht per se strafbar machen. Dennoch befänden sie sich bei Impfungen oder der Vergabe budgetierter Medikamente in einer rechtlichen Grauzone. Dies sei nicht zumutbar, monierten anwesende Ärzte.

Vertreter der medizinischen Flüchtlingshilfe „MediNetz“ forderten einen institutionellen Rahmen für alle nötigen Behandlungen papierloser Patienten. Hierzu müssten öffentliche Mittel in einem kassenübergreifenden Sonderfonds zur Begleichung der entstehenden Kosten eingerichtet werden. Leistungen hieraus sollten anonym in Anspruch genommen werden können, so ein Sprecher des „MediNetz“.

Derzeit bestehe in Bremen ein Mangel an Ärzten, die bereit seien, Illegalisierte zu behandeln. Der Leiter des Bremer Gesundheitsamtes, Jochen Zenker, wies darauf hin, dass das Asylbewerberleistungsgesetz auch für Migranten ohne Aufenthaltsstatus gilt. Allerdings seien die Kostenträger, die Untersuchungen solcher Patienten abrechnen wollten, verpflichtet, die personenbezogenen Daten an die Ausländerbehörde weiterzugeben. Das hiermit verbundene Risiko würde viele papierlose Patienten vor einer Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zurückschrecken lassen, kritisierte Zenker. Hier seien Reformen nötig. „Unser Ziel ist die völlige Gleichbehandlung aller Patienten“, so Zenker. Er forderte die Bremer Ärzteschaft auf, diese Auffassung von Patientenrecht offensiv gegenüber der Politik zu vertreten. Christian Jakob

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