FACEBOOK-TERROR
: Nur noch zwölf Yuan!

„Das Sonderangebot! Und preiswert!“

Dies Stimmengewirr stresste mich. Ständig musste jemand irgendwas sagen. Es war wie auf dem Schulhof. Ich verstand nicht, wieso ständig so viel geredet werden musste. Heranwachsende Erwachsene spielten Gummitwist, und wenn die Freunde, die in meinem Computer wohnten, dann auch noch anfingen, mich zu Quizzen einzuladen, die ergeben sollten, mit welchem prominenten Staatsmann, Waschmittel und Fußballverein usw. man Ähnlichkeiten hätte, war ich leicht genervt. Und stand eher abseits und grummelte was von „Networking ist doof“, Seilschaftsrumgetue und dergleichen.

Manchmal hatte ich das Gefühl, alle hätten hochhackige Schuhe angezogen, um ganz besonders viel Lärm zu machen. Einmal wollte ich auch meinen Facebookanschluss löschen, ließ es dann aber doch. Fünfmal sagte ich „ich will nicht mehr“, und dann tauchte jeder einzelne meiner Facebookfreunde in meinem Monitor auf mit applizierten Tränen im Gesicht und fragte, ob ich sicher sei, dass ich die Verbindung kappen wolle. Ich wollte. Dann sagte Facebook, es brauche nun noch zwei Wochen, um meinen Trennungswunsch Wirklichkeit werden zu lassen. Weil ich dann aber auf eine Mail antwortete, war’s dann doch nichts mit der Trennung.

Und manchmal war es ja auch schön, zum Beispiel wenn Freund Tao aus Schanghai die Sätze mitteilte, die er gerade in seinem Deutschkurs gelernt hatte: „Ich moechte sehr gern auf den Markt gehen, aber ich habe kein Geld!!!!“, „Das Sonderangebot, das Sonderangebot! Und preiswert!“, „Ich habe kein Fleisch mehr. Holst du fuer mich ein Pfund Rindfleisch und einen Shanghaikohl?“, „Aber ich moechte sehr, sehr gern Wassermelone haben.“ Oder „die CD von Pipa hat vor einem Monat nur fuenf Yuan gekostet, aber jetzt kostet sie zwoelf Yuan! Schade! Schönes Wochenende!!!“

DETLEF KUHLBRODT