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Archiv-Artikel

Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Wie sang Doris Day in ihrem Fatalismusklassiker? Sie sang „Que sera, sera/ What ever will be, will be/ The Futures not ours to see/ Que sera, sera“. Nach vorn geht also nichts, und deswegen muss man sich fürs Augurengeschäft ersatzweise eben an die Vergangenheit halten, die ja immer wieder durchgecheckt werden kann, bitte sehr, und The Understated Brown mag man als musikalischen Spaß vielleicht erst richtig verstehen, wenn man eine solide Oberschülervergangenheit hat mit den in der Pause getauschten Supertramp-Platten und den sonstigen Schrecken, die als Classic-Rock gehandelt werden. Genau das ist nun das Metier des Berliner Trios, das als Zugabe eine Extraschleife Experiment darauf legt, dass es, tja, sogar wieder musikalisch interessant werden kann. Heute kommen The Understated Brown mit einer dazu addierten Bläsersektion ins Ausland. Und nun zu den Originalen. Ende der Sechziger war das coolste Ding in swinging London unbedingt Julie Driscoll mit Brian Auger, die die heißkalteste Musik machten, die man sich nur vorstellen kann (Hausaufgabe für heute: deren Version von „This Wheel’s on Fire“ hören). Später heiratete sie Keith Tippetts und tauchte mit ihm aus den Hitparaden ins geheime Feld der frei improvisierten Musik ab, die abseits der Öffentlichkeit ausgeübt wird. Das beschert ihr in der Aufmerksamkeitsökonomie so halt – obwohl sie nie aus dem Musikgeschäft verschwunden ist – auch nur einen halb so langen Wikipedia-Eintrag (in der englischen Version) wie der über Vashti Bunyan, die nach einem gefloppten Folkpop-Versuch 1970 gleich ganz weg ins Landleben abtauchte. Als die Sängerin aber im neuen Jahrtausend wieder auftauchte, war sie zwischendurch zur geheimnisumwitterten Ahnherrin für die Freak-Folk-Bewegung geworden. Die Tippetts spielen/ improvisieren mit dem Schlagzeuger Willi Kellers am Samstag im Jazzwerkstatt-Café, Vashti Bunyan kommt am Montag zu ihrem ersten Deutschlandauftritt überhaupt in die Volksbühne. Noch nicht so viel Vergangenheit zu buckeln haben A Sunny Day in Glasgow, die trotz dieser freundlichen Parole für den schottischen Tourismusverband aus Philadelphia, USA, kommen und seit 2006 Minimal Music, zarten Industrial-Appeal und leichtherzigen Pop zusammenbringen wie einst mal Unrest. Mit dem Kopf eher in verträumten Wolken, als fest mit den Füßen auf dem Boden zu stehen, was ein hübsches musikalisches Trippeln ergibt. Charmant, das. Am Montag im Bang Bang Club.

■ The Understated Brown: Ausland, Fr., 21.30 Uhr

■ Tippetts: Jazzwerkstatt-Café, Sa., 19.30 Uhr. 15 €

■ Vashti Bunyan: Volksbühne, Mo., 20 Uhr. 18/14 €

■ A Sunny Day in Glasgow: Bang Bang Club, Mo, 21 Uhr. 10 €