BERND PICKERT ÜBER DIE FARCE EINER WAHRHEITSKOMMISSION IN HONDURAS
: Weder Wahrheit noch Strafe

In Honduras wird in dieser Woche vorgemacht, wie eine „Wahrheitskommission“ ad absurdum geführt werden kann – eine Institution immerhin, die seit dem Ende der Apartheid in Südafrika und der Überwindung der Militärdiktaturen in Südamerika großen Respekt genießt. Zwar hatten fast alle diese Kommissionen einen Makel: Sie waren nicht nur nicht Teil strafrechtlicher Verfolgung der Täter, sondern vielmehr oft ungenügender Ersatz dafür. Die Wahrheitskommissionen, auch die in El Salvador und Guatemala, Chile und Argentinien, sollten Versöhnung dadurch möglich machen, dass die Geschichten der Opfer dokumentiert, die Täter ausfindig gemacht und benannt und die Opfer entschädigt wurden – in der Regel ohne dass die Täter für ihre Verbrechen bestraft worden wären.

Dass das nicht reichte, zeigt sich zurzeit in Argentinien: Über 30 Jahre später werden dort jetzt neue Verfahren gegen die führenden Köpfe der Diktatur eröffnet. Aber die Arbeit der Wahrheitskommission, die 1984 ihren Bericht veröffentlichte, war nicht vergeblich: Der Text, in mehreren Dutzend Auflagen in Buchform erschienen, ist konstituierendes Element des Nach-Diktatur-Argentiniens.

In Honduras versucht es die Regierung mit einer schärferen Kombination: Nicht nur soll niemand belangt werden – auch die Ergebnisse sollen unter Verschluss bleiben. Damit ist die Kommission sinnlos. Das ist kein Zufall, ist doch der jetzige Präsident Porfirio Lobo letztlich ein Ergebnis genau jenes Putsches, dessen Umstände die Kommission angeblich untersuchen soll. Und dennoch: Es ist schon dreist, wie Honduras’ rechte Putschisten die internationale Gemeinschaft an der Nase herumführen. Sie unterstreichen, was angesichts der schlaffen Reaktion aus Übersee im letzten Jahr offensichtlich wurde: Putschen geht wieder.

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