Post für die Genossen

SPD Die Partei will ihre Mitglieder per Briefwahl zu Koalition befragen. Binnen zwei Wochen könnte die Abstimmung über die Bühne gehen, inklusive Regionalkonferenzen und Debatte im Ortsverein

BERLIN taz | Eines sei sicher, sagte Andrea Nahles am Montag im Willy-Brandt-Haus: „Es wird interessant in den nächsten Wochen.“ Man darf annehmen, dass sich ihr Satz sowohl auf die am Mittwoch beginnenden Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU beziehen als auch auf die an deren Ende stehende Befragung aller Parteimitglieder.

Gleich nach dem Ende des SPD-Konvents am Sonntagabend hat sich der Parteivorstand auf das Prozedere dieses in der SPD-Geschichte einmaligen Vorgangs verständigt. Nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen dürfen die Genossen darüber abstimmen, ob sie dem ausgehandelten Vertrag zustimmen oder ihn ablehnen oder sich gegebenenfalls enthalten möchten. Das Ergebnis soll bindend sein.

„Jedes der rund 470.000 Mitglieder wird einen Brief mit einem Abstimmungsbogen und einem frankierten Rückumschlag erhalten“, sagt Nahles. Ein „nicht ganz billiges“ Verfahren. Wie die Mitglieder den Inhalt des Koalitionsvertrags zur Kenntnisnahme bekommen – ob ebenfalls per Post, über das Internet oder gegebenenfalls über die Mitgliederzeitschrift Vorwärts – soll laut Nahles in den kommenden Tagen geklärt werden. Das Verfahren für den Mitgliederentscheid solle binnen zwei Wochen über die Bühne gehen. Vor Ort werde es Informationsveranstaltungen in den Ortsvereinen geben, außerdem Regionalkonferenzen. „Ein Diskussionsprozess“, so die Generalsekretärin, „den wir vom Willy-Brandt-Haus aus begleiten.“ Sorge, dass das notwendige Quorum von 20 Prozent verfehlt werden könne, zeigte sie nicht. In diesem Fall müsste ein Sonderparteitag einberufen werden.

Nahles zeigte sich zuversichtlich, dass eine neue Regierung vor Weihnachten im Amt sein könne. Allerdings hob sie erneut hervor, es gehe „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ bei den Verhandlungen.

Über den Konvent, der am Sonntag der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit 85 Prozent zugestimmt hatte, sagte Nahles, die Parteiführung fasse dieses Ergebnis als „Vertrauensvorschuss“ auf. Nun werde „intensiv und hart“ verhandelt. Die SPD werde „keine Abstriche machen“ beim flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Außerdem forderte sie eine „verlässliche und konkrete Finanzierung“ für Investitionen in Infrastruktur und Bildung. ANJA MAIER