Mehr Rechte für die Mini-Opposition

BUNDESTAG Kontrolle der Übermacht: Grüne und Linke sollen wichtige Minderheitsrechte behalten

„Union und SPD werden da entgegenkommend sein“

LINKE-FRAKTIONSCHEF GREGOR GYSI

BERLIN afp/dpa/taz | Union und SPD sind bereit, im Falle einer Großen Koalition neue Regelungen zur Wahrung der Oppositionsrechte im Bundestag zu vereinbaren. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte am Montag in Berlin, es gehe unter anderem um das Recht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Details seien noch nicht besprochen worden. Doch solle dies bald geklärt werden.

Falls eine Große Koalition zustande kommt, stellt die Opposition aus Linkspartei und Grünen nur noch ein Fünftel der Abgeordneten. Damit wären ihr nach den geltenden Regeln viele ihrer bisherigen Rechte verwehrt. Für wichtige Instrumente der Opposition, etwa den parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder die Normenkontrollklage, ist ein Quorum von einem Viertel der Abgeordneten erforderlich.

Auch die Union hatte sich bereits offen für Änderungen gezeigt. „Wenn die beiden Oppositionsparteien miteinander einen Untersuchungsausschuss beantragen, muss dies auch möglich sein“, sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder am Sonntagabend in der ARD. Er wandte sich aber gegen eine Änderung des Grundgesetzes, das einen Teil der Oppositionsrechte regelt.

Die Grünen drängten auf Änderungen der Regularien. Wegen der Regelung, dass die Redezeiten nach Fraktionsstärke festgelegt werden, drohten die Parlamentsdebatten zu „Selbstgesprächen der Regierungsvertreter“ zu werden, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt auf einer Veranstaltung ihrer Fraktion zu dem Thema am Montag. Nach der bisherigen Festlegung stünden Linken und Grünen pro Debattenstunde nur zwölf Minuten zur Verfügung.

Bei der Grünen-Veranstaltung äußerte sich Pascale Cancik, Professorin für Öffentliches Recht an der Uni Osnabrück, zu der Problematik. Das Grundgesetz enthalte eine Funktionsgarantie für die parlamentarische Opposition, so ihre Einschätzung. Und es erlaube dem Bundestag, eine „dauerhafte Selbstbindung zugunsten der nicht das Viertel-Quorum erreichenden Opposition“. Nach dieser Lesart könnte das Parlament einfach beschließen, der Mini-Opposition alle Rechte zu geben, obwohl sie das nötige Quorum nicht erreicht.

Auch Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi hatte wegen der Angelegenheit bereits einen Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) geschrieben. „Ich glaube, dass Union und SPD da einigermaßen entgegenkommend sein werden“, sagte er. „Sie können ja auch nicht akzeptieren, dass wir einen Bundestag haben, in dem die Opposition aller wichtigen Rechte beraubt ist.“ Der neue Bundestag kommt am Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. US