leserinnenbriefe
:

Ursprüngliches Ziel verfehlt

■ betr.: „In Deutschland und Polen gibt es immer mehr tote Gleise“, taz vom 3. 5. 10

Das ursprüngliche Ziel, mehr Güter auf die Schiene zu bringen, kann wohl als verfehlt angesehen werden, wobei der Rück- bzw. Abbau von Überholgleisen sicher mit dazu beigetragen hat. Teilweise wollte die DB Netz AG auf der Rheinstrecke weit mehr Überholstrecken abbauen, was das Eisenbahn-Bundesamt aber nicht genehmigte, da die Strecke so schon total ausgelastet sei; vielmehr forderte das EBA die DB-Netz AG sogar auf, einige widerrechtlich entzogene Überholgleise wieder in Betrieb zu nehmen. Was nützen denn die Hochgeschwindigkeitszüge, wenn sie an manchen Nadelöhren ausgebremst werden? Dies ist nur ein kleiner Mosaikstein im allgemeinen Bahn-Missmanagement. Völlig unerklärlich, dass sich das Bundesverkehrsministerium nicht mehr um die doch noch bundeseigene Bahn kümmert und entsprechende Richtlinien erlässt.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Lächerliche Summen

■ betr.: „Falsche Heldentaten“, taz vom 4. 5. 10

Ulrike Herrmann hat es wieder mal treffend auf den Punkt gebracht: Die Großbankiers wollen sich mit lächerlichen Summen reinwaschen und vor der Verantwortung drücken! Dass der Ex-Spiegel-Hauptstadt-Chef nun dem Handelsblatt vorsteht, zeigt deutlich, wie es um die wirtschaftliche Kompetenz der einstmals hoch gelobten Medien Spiegel und Handelsblatt bestellt ist. Da hat ja sogar die taz mehr zu bieten. U. a. wegen der guten wirtschaftspolitischen Analysen und sauber recherchierten Artikel von Ulrike Herrmann bin ich der taz weiterhin treu geblieben. JÜRGEN SENGE, Schwelm

Alle sind ein bisschen Griechenland

■ betr.: „Griechenland. Wütender Protest gegen Sparprogramm“, u. a., taz vom 5. 5. 10

Sind wir nicht alle ein bisschen Griechenland? Alle Staatskassen sind so hoch verschuldet, dass diese Schulden nie zurückgezahlt werden können. Das sollen sie aber auch gar nicht. Es reicht den Gläubigern, dass die Zinsen bedient werden. Damit haben sie quasi ein Perpetuum mobile in Händen. Dass diese Zinsen meist durch Aufnahme neuer Schulden bezahlt werden, sorgt sowohl aufseiten der Schuldner wie der Gläubiger für Wachstum. Dieses Spiel ist aber davon abhängig, dass der Schuldner, obwohl er nach landläufiger Einschätzung eigentlich pleite ist, weiterhin Kredit bekommt. Bekommt er den nicht mehr, muss er Insolvenz anmelden und aus dem Spiel aussteigen. Das ist dumm für ihn, aber auch für seine Gläubiger, weshalb alle so tun, als sei alles gut, damit das Spiel weitergehen kann. Finanzmathematisch könnte man sich so dem Unendlichen nähern. Da die Finanzmärkte jedoch immer noch mit der Realwirtschaft zusammenhängen, kommt es wegen der dort geltenden Endlichkeit zu massiven Problemen.

Es wird also dringend Zeit, dass wir für weitere Wachstumsschübe einen anderen Planeten mit ebenso unintelligenten Lebewesen entdecken. VOLKER FREYSTEDT, München

Von Island lernen

■ betr.: „Aufruhr gerechtfertigt, aber aussichtslos“, taz vom 6. 5. 10

Was die Isländer geschafft haben, können die Griechen doch auch schaffen! Den Abzockern die Stirn bieten und verhindern, dass die Masse der Leute den Profiteuren auf ewig zahlt! In Island haben über 90 Prozent der Wähler in einer Volksabstimmung entschieden, dass die Regierung ihren Gläubigern nicht den Staatshaushalt verpfänden darf. Wenn die Griechen dieses Mittel nicht haben, müssen sie eben in den politischen Streik treten! Im Unterschied zu den Griechen trafen die Isländer auf allgemeine Sympathie.

Auch in Island haben die Durchschnittsbürger von der Zockerei vor der Krise anscheinend profitiert. Und Griechenlands Staatsbankrott wäre gleich abgewendet, wenn nicht mehr ein Großteil des Staatshaushalts für die Zinsen an die Abzocker draufginge. Auch wir können bald in dieser Lage sein, nur mit dem Unterschied, dass hier die Profiteure des staatlichen Defizits im eigenen Land sitzen. Deshalb: Solidarität mit dem Kampf des griechischen Volkes!

ULRICH MEMMLER, Dörsdorf