„Immer auf die Omme – das nenne ich Wahlkampfstil“

SERIE „NRW ENTSCHEIDET“ Den Landtagswahlkampf fand er langweilig, bis auf Ausnahmen. Der Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler zieht Bilanz

■ (55) gehört zum Stammpersonal der „Mitternachtsspitzen“ im WDR-Fernsehen und zählt zu den besten Kabarettisten Deutschlands. Sein aktuelles Soloprogramm heißt: „Es war nicht alles schlecht“.

taz: Herr Schmickler, wie hat Ihnen der Wahlkampf gefallen?

Wilfried Schmickler: Ach, der war so langweilig wie alle Wahlkämpfe in den letzten Jahren – und zwar von allen Parteien. Originell fand ich allerdings die Aktion von ein paar Kölner Leuten, die hier die Wahlplakate von CDU, FDP und SPD mit Dollarzeichen beklebt haben. Das sah super aus: Überall glotzten dich diese Hochglanzvisagen mit den weißen Dollarzeichen in den Augen an. Relativ originell fand ich auch Scampi-Boris Berger, den Berater von Jürgen Rüttgers, und seinen Ausspruch über Hannelore Kraft: „Geschieht der Alten recht. Immer auf die Omme!“ Das nenne ich mal einen Wahlkampfstil.

Was bleibt in Erinnerung?

Der erbärmliche Zustand der NRW-CDU. Zitat aus dem CDU-Hauptquartier: „Jeden Tag kommt ein neuer Eimer Scheiße“ – stets aus den eigenen Reihen. Da muss es nur so wimmeln von Heckenschützen und Denunzianten, die darauf warten, dem Rüttgers von hinten und anonym ans Bein zu pinkeln.

Jürgen Rüttgers sah wie der sichere Sieger aus, jetzt droht ihm der Absturz. Was hat er falsch gemacht?

Der hat nichts falsch gemacht, er kann ja gar nichts falsch machen. Wo Rüttgers draufsteht, ist Rüttgers drin. Das ist wie bei einem Schlafmittel: Wenn da Schlafmittel draufsteht, und ich penne davon ein, dann hat das Schlafmittel nichts falsch gemacht. Genauso ist es bei Rüttgers.

Was war aus Ihrer Sicht das wichtigste Wahlkampfthema?

Bildung! Das einzige Thema, wo eine Landesregierung tatsächlich Handlungsspielräume hat. Hier sind die Alternativen klar: Auf der einen Seite stehen die Befürworter einer Bildungsreform, die darauf abzielt, mehr Chancengleichheit herzustellen und mehr Gerechtigkeit in die Schulen zu bringen. Auf der anderen Seite sind die Verteidiger des bestehenden Systems aus dem Paläolithikum: Hauptschule, Realschule, Gymnasium. Das ist in etwa so zukunftstauglich wie Bärenfell, Steinschleuder und Faustkeil.

Alle Parteien erklären, die Linkspartei gehöre nicht in den Landtag. Verstehen Sie das?

Die Wahl: Die Landtagswahl im einwohnerstärksten Bundesland am 9. Mai gilt als Test für die Bundestagswahl. In loser Folge haben Experten in der taz Klartext geredet. Mit Wilfried Schmickler endet die Experten-Serie.

Der Zwischenstand: Alles ist offen: CDU 37 Prozent, SPD 37, FDP 6, Grüne 10, Linke 5 (Forsa, 6. 5.).

Der taz-NRW-Blog: blogs.taz.de/nrw-entscheidet

Verstehen kann ich das schon. Wer begrüßt schon den Einfall der Holzfäller in die friedliche Familie? Die haben doch alle Angst: Jetzt kommen die Linken und mischen den Laden auf! Aber das wird ihnen wohl nicht erspart bleiben. Wobei ich persönlich mich darauf freue. Vor allem Rüttgers und die FDP sagen ja immer: Wenn die in den Landtag kommen, geht die Welt unter. Das möchte ich doch gerne mal erleben. So was erlebt man ja schließlich nur einmal im Leben.

Auf welche Koalition tippen Sie?

Die schlimmste, die denkbar ist: wahrscheinlich eine große Koalition. INTERVIEW: PASCAL BEUCKER