Ciftliks erster Sieg

PRESSERECHT „Spiegel“ darf SPD-Politiker nicht mehr als möglichen Stimmzettel-Dieb bezeichnen

Es ist ein erster juristischer Sieg für den SPD-Politiker, der die Gerichtssäle bald besser kennt als die Hamburgischen Bürgerschaft. Am Freitagmorgen verkündete die Pressekammer des Hamburger Landgerichts, im Verfahren von Bülent Ciftlik gegen den Rudolf-Augstein-Verlag und den Spiegel-Autor Gunther L., beide hätten es zukünftig zu unterlassen „durch die Berichterstattung den Verdacht zu erwecken, der Kläger sei an dem Diebstahl der Briefwahlstimmen im Februar 2007 beteiligt gewesen“.

Trotz der ergebnislosen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hatte der Spiegel nach Ansicht der Pressekammer im Mai 2009 allein Ciftlik als möglichen Täter in den Fokus eines Berichts gestellt. Dies sei eine „persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigende Berichterstattung gewesen“, bei der „ein Mindeststandard an Beweisen“ für den „in dem Bericht erhobenen Verdacht“ klar verfehlt worden sei.

In einem zweiten Verfahren von Ciftlik gegen Spiegel Online fiel am Freitag noch keine Entscheidung. Hier erließ der Vorsitzende Richter Andreas Buske einen Beweisbeschluss. Danach soll der Bild-Redakteur Christian Kersting über ein Gespräch, das er mit Ciftlik geführt haben will, aussagen. In dem Gespräch soll es darum gegangen sein, wie Ciftliks Fingerabdrücke auf die Wahlurne in der SPD-Zentrale gekommen sind. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

Fest steht hingegen, dass sich der 38-jährige Ciftlik am Montag erneut vor dem Amtsgericht St. Georg wegen des Vorwurfs, eine Scheinehe angestiftet zu haben, verantworten muss. Ciftlik kündigte an, sich zu erklären, warum er am 16. April nach zähen Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft einer Einstellung des Verfahrens gegen einen Strafbefehl letztendlich doch nicht zustimmte und wann er von einer Mail erfuhr, in der die Mitangeklagte Nicole D. ihr Ciftlik belastendes Geständnis quasi widerruft.

Die Echtheit des Schreibens ist dabei noch immer nicht endgültig bewiesen, die Staatsanwaltschaft geht von einer Fälschung aus, die Verteidiger von einem echten Dokument. MARCO CARINI