In Hamburg sind die Alten besonders arm

STATISTIK Die Zahl der SozialhilfeempfängerInnen in Deutschland wächst – vor allem immer mehr RentnerInnen müssen Grundsicherung beantragen. Der Osten steht besser da als der Westen

HAMBURG taz | Die Zahl der SozialhilfeempfängerInnen hat sich 2012 um 6,6 Prozent auf 900.000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erhöht. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes nahmen über 65-Jährige diese Leistung viel häufiger in Anspruch als Jüngere – doch auch die haben „aufgeholt“. Eklatant bei den Rentnern ist der Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland (ohne Berlin): Die Quote unter den West-Rentnern ist 2,5-mal so hoch wie die der Rentner in den neuen Ländern.

So ist der Anteil der 18- bis 65-Jährigen, die Sozialhilfe („Hartz IV“) bezogen, in den vergangenen zehn Jahren von 0,3 auf 0,8 Prozent gestiegen. Der Anteil unter den Rentnern, der Grundsicherung erhielt, stieg von 1,7 auf 2,7 Prozent. Ost- und Westdeutschland zeigen dabei ein spiegelverkehrtes Bild: Im Westen erhielten 0,8 Prozent der Jüngeren Sozialhilfe, im Osten 0,9 Prozent. Bei den Rentnern verhält es sich umgekehrt: Im Westen beziehen 3 Prozent Sozialhilfe, in den neuen Ländern nur 1,2 Prozent. Besonders ausgeprägt ist diese Differenz bei den Rentnerinnen: Im Osten beziehen 1,3 Prozent Grundsicherung, im Westen 3,3 Prozent.

Dass so viel weniger Ost-Rentner Sozialhilfe beziehen als West-Rentner, könnte daran liegen, dass es in der damaligen DDR praktisch keine Arbeitslosigkeit gab und sich die Frauen in weit höherem Maße am Erwerbsleben beteiligten, vermuten die Statistiker. Dazu kämen ein geringerer Anteil an BürgerInnen mit Migrationshintergrund und ein niedrigeres Mietenniveau.

Das Mietenniveau könnte auch ein Grund sein, warum in teuren Städten wie Hamburg besonders viele Rentner (6,2 Prozent) Grundsicherung beziehen. Dazu kommt der hohe Anteil an Single-Haushalten in der Hansestadt. „Das erhöht das Risiko“, sagt der Armutsforscher Gerhard Bäcker. GERNOT KNÖDLER