Ein bisschen geht nicht

KOALITION Die Kompromisssuche zum Mindestlohn bleibt für die SPD mühsam

„Die 8,50 Euro müssen glasklar umgesetzt werden“

HILDE MATTHEIS VON DER SPD

BERLIN taz | Ein bisschen schwanger geht nicht und ein bisschen Mindestlohn auch nicht – das macht einen Kompromiss zwischen Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen so schwer. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil hat erneut betont, dass ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro brutto für die SPD unverzichtbar sei, und der müsse „einheitlich in ganz Deutschland sein“.

Auch die Sozialexpertin der SPD-Fraktion Hilde Mattheis hält nichts von einer Differenzierung nach Regionen, wie sie Unionspolitiker befürworten. „Über 23 Jahre nach der Wiedervereinigung darf man die Ost-West-Unterschiede nicht wieder ins Feld führen.“ Der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz, betont hingegen, die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten im Osten sei „nicht von der Hand zu weisen“. Unionspolitiker machen sich für Differenzierungen der Mindestlöhne zumindest nach Regionen stark.

Eine Kompromisslösung wäre ein Vorschlag der schwarz-roten Landesregierung in Thüringen. Laut Gesetzentwurf soll es eine bundesweit einheitliche Lohnuntergrenze geben, deren Höhe eine Kommission bestimmt, in der Arbeitgeber und Gewerkschafter sitzen. Bei Bedarf können Wissenschaftler kommen.

Im Streitfall entscheidet ein Schlichter, den Gewerkschafts- und Arbeitgeberseite bestimmen. Können sie sich nicht einigen, kann der Schlichter vom Bundesarbeitsministerium eingesetzt werden. Das ist allerdings ein erheblicher staatlicher Eingriff, denn das Wort des Schlichters soll den Ausschlag geben.

„Den Mindestlohn-Vorstoß aus Thüringen halte ich für lobenswert“, erklärt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme. Immerhin sieht er eine national einheitliche Lohnuntergrenze vor. Ein Wermutstropfen bleibe, dass der Vorschlag aus Thüringen „keine konkrete Lohngrenze nennt“. In einem Koalitionsvertrag keinen konkreten Mindestlohn festzulegen, sondern nur auf die Bildung einer Kommission zu verweisen, wäre für die SPD schwer zu vermitteln. Sie hat die 8,50 Euro zum Wahlkampfthema gemacht – sie müssten „glasklar umgesetzt werden“, sagt Mattheis.

Einigte man sich auf die Bildung einer Kommission, müsste somit vorab eine gesetzliche Festlegung auf einen Anfangsmindestlohn von 8,50 Euro kommen. Jede Lohngrenze deutlich darunter wäre „für die SPD-Fraktion schwer zu akzeptieren“, erklärt Kramme. Das klingt schon wieder nach Verhandlungsspielraum. BD