TAZRAT RECHT
: Leser fragen, Rechtsanwälte antworten

taz-Leserin Daniela Schmidt (Name geändert, d. Red.) hat Anfang April Post von einer Kanzlei bekommen, Gegenstand des Schreibens ist der Vorwurf „unerlaubter Verwertung geschützter Tonaufnahmen“. Im Januar soll Schmidt einen Song einer deutschen Popgruppe „zum Herunterladen verfügbar gemacht“ haben, was eine „Verletzung von Urheber- und Leistungsrechten“ bedeute. Die im Auftrag eines internationalen Musikkonzerns arbeitende Kanzlei fordert Schmidt ebenso dazu auf, „es zu unterlassen, geschütztes Musikrepertoire … im Internet verfügbar zu machen“, wie im Falle einer „Zuwiderhandlung“ eine Vertragsstrafe von 5.001,00 Euro zu akzeptieren. Doch das ist noch nicht alles: Für die „zustehenden Ersatzansprüche“ des Musikkonzerns solle sie als „Vergleichsbetrag“ 1.200 Euro zahlen. Schmidt hat dabei den Song gar nicht selber heruntergeladen: Sie teilt sich den auf ihren Namen angemeldeten Internetanschluss mit einigen Nachbarn, von denen aber keiner den Download zugeben wollte.

Rechtsanwalt Ronny Jahn, Kanzlei Christ + Kollegen:

„Wer sogenannte Filesharing-Börsen benutzt, um kostenlos Musiktitel oder gar Filme herunterzuladen, begibt sich auf dünnes Eis. Bei der Nutzung solcher Programme werden automatisch die bereits heruntergeladenen Teile für andere Nutzer zum Download angeboten. Nicht selten flattert deswegen wie in diesem Fall eine Abmahnung im Auftrag der Rechteinhaber ins Haus. Inzwischen hat sich hier eine regelrechte Abmahnindustrie entwickelt. Die Abmahnung erhält meist der Inhaber des Anschlusses, über den die Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Die Gerichte sind überwiegend der Auffassung, dass der Anschlussinhaber auch dann haftet, wenn er selbst die Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Wer also seinen Internetanschluss anderen Personen zur Nutzung überlässt, sollte dafür Sorge tragen, dass keine illegalen Downloads vorgenommen werden können.

Gefordert werden mit der Abmahnung in der Regel zwei Dinge: die Abgabe einer Unterlassungserklärung, in der man sich verpflichtet, die beschriebene Urheberrechtsverletzung nicht mehr zu begehen; sowie die Zahlung eines bestimmten Betrages als Schadensersatz, der gerne einige tausend Euro umfassen kann.

Sofern die behauptete Urheberrechtsverletzung tatsächlich begangen wurde, sollte man zur Vermeidung eines teuren Gerichtsverfahrens eine Unterlassungserklärung abgeben – nicht jedoch unbedingt mit dem von der Gegenseite vorformulierten Inhalt. Teilweise sind die vorbereiteten Erklärungen sehr viel weiter gefasst, als es notwendig wäre. Betroffene sollten sich daher zunächst juristischen Rat holen. Diesen bieten sowohl die Verbraucherzentralen als auch spezialisierte Rechtsanwälte. Ganz wichtig: Spätestens nach Abgabe der Unterlassungserklärung wirklich dafür sorgen, dass die betroffene Rechtsverletzung nicht mehr begangen wird. Sonst muss man unter Umständen eine hohe Vertragsstrafe zahlen.

Hinsichtlich des in der Abmahnung geforderten Schadensersatzes zeigt die Erfahrung, dass die Abmahner durchaus verhandlungsbereit sind. Sie betreiben hier ein Massengeschäft und haben nur ein geringes Interesse daran, alle Fälle zum Gericht zu tragen. Wenn man die Unterlassungserklärung abgegeben hat, geben sie sich daher oft mit einer viel geringeren Summe zufrieden als der ursprünglich geforderten. Welcher Betrag im konkreten Fall angemessen ist, hängt sehr stark von dem Einzelfall ab: Wie viele Dateien wurden zum Download angeboten? Oder wie aktuell sind die Filme oder Musikstücke? Daher sollte man sich auch in diesem Punkt professionelle Unterstützung holen.“

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