FDP-Landesvorstand zerlegt sich

Eklat beim Parteitag der Freien Demokraten: Führung tritt geschlossen zurück. Erfolglosigkeit, persönliche Querelen und ein Streit um die richtige Strategie machen eine Weiterarbeit unmöglich

von Gernot Knödler

Wegen der Animositäten unter seinen Mitgliedern ist der FDP-Landesvorstand überraschend zurückgetreten. Beim Parteitag am Dienstagabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg hatte es zunächst Kritik an Fehlern bei der Mitgliederverwaltung gegeben. Landesschatzmeister Karl-Wilhelm Koch, so war es abgesprochen, sollte deshalb seinen Posten räumen. Doch Koch zog seinen Rücktritt zurück, worauf sich eine Debatte über die Arbeit des gesamten Landesvorstandes entspann. Nach einer dreistündigen Diskussion verkündete der Landesvorsitzende Leif Schrader schließlich den Rücktritt des Vorstandes. Die Delegierten hätten kein ausreichendes Vertrauen in dessen Arbeit.

Verantwortlich für die Spannungen innerhalb der Landespartei und des Vorstands insbesondere scheint eine Mischung aus persönlichen Konflikten und Kontroversen darüber zu sein, wie die politische Arbeit der Partei aussehen soll. „Inhaltliche Probleme haben bedauerlicherweise keine Rolle gespielt“, sagt der ehemalige Landesvorsitzende Schrader.

Die Animositäten innerhalb des Vorstandes reichen in die Zeit vor dem Bundestagswahlkampf zurück. Damals war der langjährige FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Funke vom einzig aussichtsreichen Listenplatz eins verdrängt worden. Das Rennen machte der ehemalige Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Burkhardt Müller-Sönksen. Koch kommt wie Funke aus dem Bezirksverband Eimsbüttel. Die beiden sollen befreundet sein.

Seit dem Bundestagstagswahlkampf habe es Anfeindungen von Müller-Sönksen und dessen Verbündeten gegenüber Koch gegeben, sagt der Harburger Bezirksvorsitzende Ekkehard Rumpf. Wenn Müller-Sönksen als stellvertretender Landesvorsitzender Fehler beim Schatzmeister gefunden habe, sei das eben dazu genutzt worden, schnell ins Persönliche zu gehen, sagt Wieland Schinnenberg, der Wandsbeker Bezirkschef. „Die persönlichen Friktionen im Landesvorstand“ hätten sich an den Problemen bei der Mitgliederverwaltung ausgetobt, vermutet Schrader.

Dazu kam ein Streit um den Charakter der Vorstandsarbeit: den Stil, das Tempo, die Einbindung der Partei. „Die eigentliche Frage ist, wo geht der Landesvorstand hin?“, sagt der Altonaer Bezirksvorsitzende Lorenz Flemming. Wie Rumpf beschreibt er Unterschiede in der Art Schraders und Müller-Sönksens, außerparlamentarisch Politik zu machen. Der eine setzt mehr auf Ruhe und Konzentration auf ausgewählte Themen, der andere auf schnelle Reaktionen zu fast jedem Thema.

Unterm Strich waren viele Delegierte schlicht unzufrieden mit der Wirkung des Landesverbandes in der Öffentlichkeit. Der Vorstand habe sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, so dass ihm die Delegierten nicht mehr zutrauten, die Partei aus dem Drei-Prozent-Loch der jüngsten Umfrage zu führen, räumt Schrader ein. „Man sieht nicht die Perspektive, mit dem jetzigen Team über fünf Prozent zu kommen“, sagt Schinnenberg.

Schrader ließ die Frage unbeantwortet, ob er erneut für den Vorsitz kandidieren werde. Zunächst einmal sei die Frage zu klären: „Wie kommen wir zu einem schlagkräftigen Team?“ Der neue Landesvorstand soll am 3. Juli gewählt werden.