Bankenaufsicht bleibt in vielen Händen

FINANZINSTITUTE EZB, Bafin, EBA, Bundesbank und mehr: Die Aufsicht in Europa bleibt aufgesplittert

„Die praktische Bankenaufsicht kann sogar schlechter werden“

AXEL TROOST, DIE LINKE

HAMBURG taz | Auch fünf Jahre nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers könnte sich ein ähnlicher Fall jederzeit wiederholen. Das glauben zumindest führende Notenbanker. Und auch der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, warnt: „Wir leben immer noch im Schatten von Lehman.“ Akuter Gefahrenherd ist die ungeordnete, mancher meint: chaotische Bankenaufsicht über die Geldgiganten in Europa: Sie gleicht bestenfalls einem lose verbundenen Flickenteppich. Der wurde am Mittwoch durch den offiziellen Einstieg der EZB in die Bankenkontrolle am Mittwoch noch bunter.

Seit dem Beschluss der EU-Finanzminister von Mitte Oktober ist es amtlich: In einem Jahr soll die EZB die 128 größten Bankgruppen in der Eurozone kontrollieren. Dabei war erst vor zwei Jahren die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA für die ganze Union in London gegründet worden. Daneben spielen weiterhin die nationalen Aufsichtsbehörden und Zentralbanken in 17 Euroländern und 11 weiteren EU-Mitgliedstaaten eine eigenwillige Rolle. In der Bundesrepublik teilen sich die Bankenkontrolle die Finanzaufsicht Bafin, die auch Versicherungen und Fondsgesellschaften beaufsichtigt, und die Bundesbank in Frankfurt am Main.

Droht nun das Kontrollchaos in der EU? „Für mich ist diese Frage offen“, sagt Axel Troost, Mitglied des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Bonn. „Die bisherigen Planungen enthalten viele Schlupflöcher und Unklarheiten.“ Der Ökonom erwartet erst einmal ein heftiges Kompetenzgerangel: „Die praktische Bankenaufsicht kann dadurch sogar schlechter werden.“

Bislang fehlt es an belastbaren Vereinbarungen zwischen der Vielzahl an Akteuren und an einem gemeinsamen politischen Willen in der EU, wie europäische und nationale Institutionen im Aufsichtsalltag zusammenarbeiten sollen. Die EZB scheint vor allem nationale Aufsichten koordinieren zu sollen. „In den Banken selber werden wir kaum EZB-Beamte treffen“, glaubt Troost, der auch finanzpolitischer Sprecher der Linkspartei im Bundestag ist. Die EZB werde also auf die nationalen Aufseher angewiesen bleiben. Dabei könne die Bafin allerdings noch vieles verbessern.

Ein Reibungspunkt in der Aufsicht bleibt die herausgehobene Rolle, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland spielen. Bislang ist die Bundesbank vor Ort und die Bafin als Zentralaufsicht für die dezentralen Geldhäuser zuständig. Andererseits sind deren Spitzeninstitute Deka, Hamburger Sparkasse und DZ-Bank groß genug, um zukünftig auch im Fokus der EZB zu liegen. HERMANNUS PFEIFFER