Macht er schlapp, wird er gekocht

WAS DER KÜHLSCHRANK HERGIBT Gurken schmecken mit Salz. Aber auch mit Zucker. Man kann sie als Vorspeise essen oder als Nachtisch. Dazu gibt es Salatsuppe

■  Im Kühlschrank: Salat, Gurke, Wurstreste oder Speck, eine halbe Tasse Milch, eventuell ein bis zwei Eier, eventuell saure Sahne

  Im Schrank: Zwiebel, Knoblauch, Brot, Dill (frisch oder getrocknet)

  Immer da: Salz, Pfeffer, Öl, Essig, Zucker, Mehl

VON UNDINE ZIMMER

Wenn ich früher zu Besuch bei meinem Vater war, dann gab es nie viel zur Auswahl. Er ernährt sich bis heute vor allem von Eintöpfen aus der Dose. Aufwärmen ist für ihn kochen – sonst bereitet er nicht gerne Dinge zu und ermahnt auch mich immer: „Mach nicht so viel Wirtschaft.“ Wegen des lästigen Abwaschs.

Aber eines gab es immer, wenn wir zusammen am Küchentisch saßen: Gurken. Er hat sie mir geschält und in Scheiben geschnitten und dann haben wir die Scheiben gegessen. Mit Salz und mit Zucker. Der Zucker mischt sich mit dem frischen Gurkengeschmack, und das schmeckt ungewohnt, aber gar nicht schlecht. Ich weiß nicht, woher mein Vater diese Idee hatte. Aber ich verbinde sie mit Kindheit und den Besuchen bei ihm und dem Anblick seines alten, tragbaren Tonbandgeräts, das er aus der DDR mitgebracht hat. Und diese Besuche sind trotz aller Improvisation eine schöne Erinnerung.

Mit ein bisschen Aufwand lässt sich aus einer halben Gurke, die vom letzten Salat übrig geblieben ist, eine einfache Vorspeise zubereiten: etwa ein daumenlanges Stück Gurke so schälen, dass sie streifig aussieht. Also: eine Bahn schälen, auf einer Bahn die Schale lassen, eine Bahn schälen, eine Bahn lang die Schale lassen. Das Gurkenstück in dünne Scheiben schneiden. Sie haben dann gestreifte Ränder. Etwas Essig mit einer Löffelspitze Zucker und einem Schuss Wasser verrühren. (Wer keinen Essig dahat, kann ihn mit einer Löffelspitze Senf oder etwas Zitronensaft ersetzen.) Ein kleines Stück Knoblauch durch die Presse drücken und dazugeben – und eine Zwiebelspitze, ganz fein gehackt. Dazu ein Löffel Dill und etwas Salz und Pfeffer. Die Gurken in der Sauce zwanzig Minuten ziehen lassen.

Danach werden sie zwischen zwei Brotscheiben gelegt, in der Mitte ruhig mehrere Schichten Gurken übereinander und oben drauf ein paar einzelne Scheiben zur Dekoration. Dann schneidet man das Gurkensandwich in kleine Ecken und arrangiert es auf einem Teller.

Helles Brot saugt den Gurkensaft besser auf, dunkles toaste ich leicht. Die Gurkensandwichecken kann man mit einem Zahnstocher zusammenhalten und, falls sich noch etwas im Kühlschrank findet, mit einem Käsewürfel oder Ähnlichem dekorieren. (Wer kein Brot hat, kann auf den Mehlfladen aus meiner letzten Kochkolumne zurückgreifen.)

Nicht viel aufwendiger ist die Salatsuppe, das Hauptgericht – eine gute Möglichkeit, um einen vergessenen Salatkopf zu verwerten, der schon langsam schlappmacht. Es kann auch Spinat, Rucola oder frischer Löwenzahn von draußen mit in den Topf. Den Salat waschen, in Streifen schneiden und in kochendes Salzwasser werfen. Eine Knoblauchzehe pressen und hinzufügen.

Während der Salat kocht, können jegliche Wurstreste oder etwas Speck in Scheiben oder Würfeln mit dem Zwiebelrest aus der Vorspeise in einer Pfanne mit etwas Öl angebraten werden. Nach ein paar Minuten alles in den Topf zur Suppe geben.

Zwei bis drei Löffel Mehl mit der Milch in einem Glas mit Deckel schütteln, bis keine Klumpen mehr zu sehen sind oder in einer kleinen Schüssel gut verrühren und dann in die Suppe geben – zum Andicken. Die Suppe nochmals unter ständigem Rühren aufkochen. Mit Salz und Pfeffer würzen.

Wer noch Eier, etwas Essig und saure Sahne übrig hat, kann die Suppe verfeinern: ein bis zwei Eier miteinander verquirlen, mit saurer Sahne, einem Schuss weißem Essig, Salz und Pfeffer mischen und die Soße langsam unter die Suppe rühren. Fünf Minuten köcheln lassen und dann servieren. Dazu passt Brot, getoastet oder kurz im Ofen erwärmt, sodass es leicht knusprig wird.

Zum Nachtisch dann die Zuckergurken: Einfach die restliche Gurke schälen, in dünne Scheiben schneiden und auf einem kleinen Teller anordnen, ordentlich Zucker darüber streuen, kurz warten und dann essen.

  Undine Zimmer, 34, schreibt hier alle vier Wochen über das Kochen mit Resten. Im Fischer-Verlag ist kürzlich ihr Buch „Nicht von schlechten Eltern. Meine Hartz-IV-Familie“ erschienen.

  Die anderen Autoren: Philipp Maußhardt schreibt über vergessene Rezepte, die Köchin Sarah Wiener komponiert aus einer Zutat drei Gerichte, und der taz-Koch Christoph Esser beantwortet die Fragen der Leser zur Hardware des Kochens. Schreiben Sie an: fragdenkoch@taz.de