Verblasste Schönheit

LR Ahlen verlässt die Zweite Bundesliga. Club-Chef Helmut Spikker kann sich wieder mehr um Lippenstifte kümmern

Absteigen kann jeder – der 1. FC Köln oder der MSV Duisburg wissen wie es geht. Es gibt aber auch Clubs, die scheitern auf ganzer Linie. Der LR Ahlen, das seltsame Gebilde aus dem östlichen Westfalen, gehört zu dieser Spezies. Sechs Jahre träumte deren millionenschwerer Mäzen und Präsident Helmut Spikker den Traum von der ersten Liga. Sechs Jahre durften die „Leichtathletik-Rasensportler“ in der zweiten Bundesliga mitkicken und nach oben schielen – ehe sie am Mittwochabend durch eine 1:2-Niederlage gegen Greuther Fürth das späte, aber nicht ungerechte Schicksal ereilte. Statt Schalke oder München werden die Gegner in der kommenden Saison wieder Wuppertal oder Düsseldorf heißen. Eigentlich auch okay.

Doch warum gibt es LR Ahlen überhaupt? 1992 stand der Vorgängerverein TuS Ahlen vor dem finanziellen und sportlichen Ruin. Dem ehemals erfolgreichen Amateurclub drohte der Abstieg in die Kreisliga. „Nicht mit mir“, dachte sich Helmut Spikker. Er steckte nicht nur sein Geld in den Verein. Er sorgte auch dafür, dass aus dem alten TuS und dem benachbarten Blau-Weiß der LR Ahlen wurde. In der Saison 1999/2000 gelang der Aufstieg in die Zweite Bundesliga. Union Berlin wurde in den damals noch üblichen Relegationsspielen besiegt.

Für Helmut Spikker war spätestens jetzt klar: LR sollte irgendwann im Oberhaus glänzen. Doppelt. „Leichtathletik und Rasensport“ heißt der Verein, „Lady Racine“ heißt Spikkers Firma. „Beauty and Success“ sind die Leitlinien des Konzerns. Rote Lippen und weiße Schminke, passend dazu wurden die Vereinsfarben ausgewählt. Ein gewagte Konstruktion. Die Transformation auf den Rasen musste scheitern.

Das heimische Werse-Stadion ist das ziemliche Gegenteil von Beauty und Success. Es sieht aus, als sei es über Nacht aus den Überresten eines konkursgegangenen Baumarktes zusammen gezimmert worden. Die Zielgruppe beschränkte sich auf die 55.000 Einwohner der Stadt. Zumindest auf diejenigen, die sich neben Dortmund, Schalke oder Mönchengladbach noch einen Zweitverein gönnen wollten. Die Zuschauer-Obergrenze von 10.500 Zuschauern wurde nie erreicht. Das Wellblechdach bebte nur, wenn mal wieder ein Ball Richtung Tribüne geschossen wurde. Und der sportliche Erfolg? Nahm rapide ab. Die Trainer Franz-Josef Tenhagen, Peter Neururer, Uwe Rapolder, Uwe Fuchs, Werner Lorant, Stefan Kuntz, Ingo Peter und Frantisek Straka wurden jeweils vorzeitig entlassen – anfangs weil das Ziel Aufstieg verpasst wurde, später weil der Abstieg drohte. Paul Linz durfte nun das Kapitel Profifußball beim LR Ahlen vorzeitig beenden. Er wird es überstehen. HOLGER PAULER