WEATHERMEN
: Clash der Kulturen

Man braucht keinen Kachelmann

„Hey, da kommt ja Gott. Guten Tag, Gott“, begrüßt mich Bommi Baumann auf dem Gelände des Mehringhofes. Eigentlich wollte ich mich incognito unter das linke Volk mischen, aber das kann ich jetzt ja wohl vergessen. Till Meyer stützt sich wie ein übel gelaunter General auf eine Krücke und flucht wegen seines gebrochenen Beines. Doktor Seltsam wuchtet seinen grazilen Körper auf die Beine und schenkt mir passend zum Abend einen schönen Kalauer: „Man braucht keinen Kachelmann, um zu wissen, woher der Wind weht.“

In der Gaststätte Clash wird nämlich noch einmal überprüft, ob der Wind wirklich aus der richtigen Richtung kam. Zwei Weathermen-Veteranen sind gekommen, um was über die Anfänge des Untergrundkampfes in den USA erzählen, Bernardine Dohrn, die auf der FBI-Liste der zehn meistgesuchten Leute stand, und ihr Mann Bill Ayers, der sein Erinnerungsbuch vorstellen will. Aber das ist noch nicht fertig. Ein Film soll gezeigt werden, aber es gibt keine Leinwand, und geredet werden soll natürlich auch, aber die Mikroanlage rückkoppelt. Ich bin beeindruckt. Der Film wird trotzdem gezeigt. In ihm tauchen zwei deutsche Wörter auf: Kindergarten und Zeitgeist, ein schöner Beitrag deutscher Sprache, der da Eingang in die amerikanische Kultur gefunden hat. Die Übersetzung der ausschweifend dozierenden Podiumsteilnehmer ist nicht immer sattelfest. Aus dem „Verbrennen von Einberufungsbescheiden“ wird das „Verbrennen von BHs“. Das ist der lustigste Beitrag an diesem Abend, aber niemand lacht. Die meisten Zuschauer gehören der gleichen Altersklasse wie die Podiumsteilnehmer an, aber es sind auch ein paar junge Leute da. Was finden die eigentlich gut an den Weathermen? Auf dem Klo erfahre ich es: „Weißt du“, sagt da einer zu seinem Kumpel, „die Weathermen sind meine Lieblingsguerilla … wegen der ganzen Drogen.“ KLAUS BITTERMANN