LESERINNENBRIEFE
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Bischöflicher Turbokapitalismus

■ betr.: „Unsichtbare Millionen“, taz vom 21. 10. 13

Während der Bischof zu Rom, Papst Franziskus, sich glaubwürdig mit Wort und Tat an die Seite der Hilfsbedürftigen und Armen stellt, sind die deutschen Bischöfe selbst mittels ihrer (Erz-)Bischöflichen Stühle als Gesellschafter ein nicht unerheblicher Teil eines Menschen verachtenden Zocker- und Turbokapitalismus. Beispielsweise die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH gehört in unterschiedlicher Beteiligung (insgesamt zu 100 Prozent) den (Erz)Bischöflichen Stühlen zu Köln, Paderborn, Trier, Münster, Essen und Aachen. Die „Aachener“ ist nun wieder alleinige Gesellschafterin der Aachener Grundvermögen Kapitalanlagengesellschaft (kurz: Aachener Grund), die derzeit in 14 Immobilienfonds ein Vermögen von 4,6 Milliarden verwaltet. Dabei handelt es sich um „hochwertige Top-Immobilien in 1-a-Einzelhandelslagen“. Insgesamt 329 Objekte, unter anderem die Münster-Arkaden, die Anfang 2013 für knappe und schlappe 200 Millionen gekauft wurden (www.aachener-grund.de). Und das ist ja nur ein Beispiel.

Sicher, als Wohlmeinender möchte man nun ganz schnell einwenden, dass die Mittel (durch Profitmaximierung) bekanntlich den guten Zweck (Investitionen in Menschen) heiligen. Leider ist diesbezüglich am Beispiel des Bistums Aachen (mit 8,9 Prozent Eigentum an Aachener SWG) wohl eher weitere Desillusionierung angesagt. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass das Vermögen des Bischöflichen Stuhls zu Aachen in der Finanzkrise ab 2005 nicht einmal dafür genutzt wurde, die Arbeitsstellen der eigenen Mitarbeiter zu sichern, die aufgrund eines strukturellen Haushaltsdefizits (im öffentlichen Haushalt!) betriebsbedingt gekündigt wurden. HELMUT MALMES, Stolberg

Mit dem Blutzoll der Untertanen

■ betr.: „Gott oder bigott“, taz vom 24. 10. 13

Der Kommentar von Gereon Asmuth verleitet zum Weiterspinnen: Die „Milde des Papstes“ ließe sich noch von einem zusätzlichen Motivationsstrang herleiten: Der Papst ist Jesuit. Das Motto des Jesuitenordens lautet: Omnia ad majorem Dei gloriam (Alles zur größeren Ehre Gottes).

Viele Jahrhunderte lang wurden religiöse Prunkbauten „ad majorem“ mit dem Blutzoll der Untertanen geschaffen, was nicht daran hinderte, sie zum Welt-Kultur!-Erbe zu deklarieren. Wenn Bischof Tebartz-van Elst badet, dann tut er das in „ad majorem“ – würdigem Rahmen. Wenn er seinen Garten luxuriös aufmöbelt, handelt er nach der Devise: Nicht nur die Himmel rühmen des Ewigen Ehre, sondern auch mein kleines Paradies.

Und hier treffen sich als Brüder im jesuitischen Geiste Tebartz-van Elst und Franziskus: Omnia = Alles! Eigentlich wäre ein Verbleib TvEs in den Prunkgemächern des Vatikans ein angemessener Ersatz für den Verlust des hessischen Abglanzes. HANS REISSINGER, Dudenhofen

Der Himmel hat es so gewollt

■ betr.: „Gott oder bigott“, taz.de vom 23. 10. 13

Das elitäre Auserlesenheitsprinzip, das Sukzessionsverfahren, die Weihe als Sakrament auf Lebenszeit und himmlische Erfüllung aufgrund von Vorherbestimmung, das priesterliche und (noch würde- und weihevoller) das bischöfliche Amtsverständnis als Einheit von Person und Funktion – sie gebären, im Extremfall, Charakterverformungen und ein adelig-monarchisches Gehabe mit Prunk und Verschwendung; Jahrelang einzuüben ohne Kontrolle und freundschaftliche Einwirkung. Das Kirchenvolk, „der große Lümmel“ (Heinrich Heine in „Deutschland. Ein Wintermärchen“), huldigt gerne solchen Showkünstlern. Man kann sich so wohlig-emotional „verstanden“ fühlen, ohne dass es eigene Verantwortung kostet – Der Himmel hat es so gewollt.

In Limburg kam dazu, dass der Vorgänger von Fürstbischof Tebartz-van Elst ein würdiger, armer, mildtätiger Bischof war, ein alter Gaesdoncker, der seinen Wahl- und Wahrspruch durchhielt: „Evangelizare pauperibus!“ Deutsch: „Den Armen die Frohbotschaft verkünden.“ AntoninusA, taz.de

Obzession mit der Kirche

■ betr.: „Gott oder bigott“, taz.de vom 23. 10. 13

Worüber ich den Kopf schütteln muss, ist die Obsession der (linken) Presse mit der (katholischen) Kirche. Verschwendung (in diesem Fall ästhetisch eventuell sogar sehr gelungen), Bigotterie, mangelnde Demokratie hin oder her – die Kirche ist doch nun wirklich kein riesiger Machtfaktor mehr in Deutschland. Auch fällt einem als linker Atheist kein Zacken aus der Krone, wenn man den positiven Beitrag der Kirche anerkennt. Die kümmern sich schon ein bisschen ums Soziale und auch ums kulturelle Erbe.

Aufgabe einer kritischen Presse wäre es, sich mit den wirklich Mächtigen anzulegen: Bankern, Industriellen, korrupten Politikern, Militärs, Geheimdiensten etc. Auf der Kirche rumzuhacken, ist nun wirklich die leichteste Übung. Und gegenüber den Schäden, die der Finanzmarkt und durch Lobbyismus herbeigeführte Parlamentsentscheidungen täglich anrichten, nimmt sich dieser Fall sehr bescheiden aus. Fahren Sie doch das nächste Mal eine vergleichbare Kampagne, wenn Uli Hoeneß für denselben Betrag einen neuen Spieler verpflichtet. Aber das ist natürlich ’ne Religion, für die wir alle gern per GEZ, Stadienbausubvention & Bereitschaftspolizeieinsätzen zahlen.

Kopfschüttel, taz.de