die taz vor 6 Jahren über einsparungen bei der bundeswehr
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Auf der letzten Kommandeurstagung im November 1999 hat Kanzler Schröder das Leitmotiv vorgegeben: „Die Mittel intelligenter und effizienter einsetzen“. Jetzt folgt mit der Gründung der Agentur für „Entwicklung, Beschaffung und Vertrieb“ die Vollzugsmeldung. Die Spareffekte durch Privatisierung, Outsourcing und ähnliche Scherze werden das Publikum erfreuen, bedeuten aber gleichzeitig einen tiefen Einschnitt in die Ideologie der Streitkräfte. Der Glanz des hoheitlichen Handelns, der die Armee des Nationalstaats umgibt, erstreckte sich stets auch auf Verwaltung und Logistik. Und ein Nagel im Dienst der Streitkräfte hatte eine ganz andere Bedeutung als bei ordinärer kommerzieller Verwendung.

General Münzner, ein Avantgardist der kapitalistischen Durchdringung der Bundeswehr, hat es so zusammengefasst: „Wer einen Soldat betriebswirtschaftlich richtig als Kostenfaktor bezeichnet, scheitert in einer Kultur, die auf Fürsorge und Kameradschaft basiert.“

Die eingesparten Mittel will Verteidigungsminister Scharping für Investitionen einsetzen. Der Investitionsbedarf wird auf 15 bis 30 Milliarden Mark angesetzt. Auf europäischer Ebene wird seit Jahren daran gearbeitet, die Entwicklung und Produktion von Waffensystemen zu fusionieren und europäische Rüstungskonzerne zu schaffen, die der übermächtigen bereits durchrationalisierten amerikanischen Konkurrenz die Stirn bieten können. Dabei geht es der rot-grünen Koalition natürlich auch darum, die von 280.000 auf 90.000 geschrumpften Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie zu sichern.

Das neue Kostenbewusstsein könnte sich auch als friedensförderlich erweisen. Wer will schon die extrem teuer bezahlte Ausrüstung der Zerstörungswut des Feindes aussetzen? Noch einfacher wäre es freilich, sich wieder eines in Vergessenheit geratenen investitionssparenden Instruments zu erinnern: der internationalen kontrollierten Abrüstung. Christian Semler, 5. 5. 2000