Diäten rauf, Altersversorgung runter

Schleswig-Holsteins Landtag beschließt Reform der Abgeordnetenbezahlung. Parlamentspräsident: Staat spart Geld

KIEL dpa ■ Ungeachtet der Kritik in der Öffentlichkeit hat der Kieler Landtag gestern seine Diätenreform einstimmig auf den Weg gebracht. Ausschüsse beschäftigen sich nun mit dem Entwurf. Als zweites Bundesland nach Nordrhein-Westfalen verlagert Schleswig-Holstein die Altersversorgung vom Staat auf den Abgeordneten. Auch werden zahlreiche Zulagen abgeschafft. Die Abgeordneten sind zudem nun voll steuerpflichtig. Die Grunddiät steigt allerdings von 3.900 Euro auf 6.700 Euro. Dazu kommen 1.500 Euro für die Altersvorsorge.

Gewerkschaften und der Bund der Steuerzahler hatten den Kieler Politikern angesichts des harten Sparkurses im öffentlichen Dienst Instinktlosigkeit und zu üppiges Ansteigen der Bezüge vorgeworfen.

Landtagspräsident Martin Kayenburg (CDU) verteidigte das Vorhaben vehement: „Ich weise diese Kritik insgesamt aufs Schärfste zurück.“ Die Umstellung bedeute für zahlreiche Parlamentarier Einbußen von 300 Euro im Monat, weil sie neben steuerfreien Pauschalen auch Funktionszulagen verlören. Neue einfache Abgeordnete verdienten alles in allem rund 5 Prozent mehr, rechnete Kayenburg vor. Er warf den Medien eine verkürzte und ungerechte Berichterstattung vor.

Das Modell werde dem Land wegen der Entlastung von der Altersversorgung langfristig viel Geld sparen, sagte Kayenburg: „Mir soll niemand sagen, dass das nicht einen großen Einschnitt in das Lebensumfeld der Abgeordneten bedeutet.“ Der Landtagspräsident räumte ein, dass es vor der Verabschiedung in zweiter Lesung noch Verhandlungsbedarf in Fachausschüssen gebe. Als „persönliche Erklärung“ sagte er aber: „Die 6.700 Euro sind nicht verhandelbar.“ Im Vergleich mit anderen Landtagen verdienten die Kieler nicht besser: „Die liegen alle deutlich über uns.“ Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hatte angesichts der teils heftigen Kritik von außen angedeutet, dass das Einkommen der Abgeordneten auch niedriger als bisher geplant ausfallen könnte. Er gehe davon aus, „dass der Souverän mit seiner Entscheidung unsere Politik der Haushaltskonsolidierung mitträgt“. Die Grünen unterstrichen ihre Zustimmung zu dieser Äußerung.

Carstensen erklärte am Mittwoch, der Landtag reagiere mit der Reform auf die Kritik des Bundesverfassungsgerichts, das die vielen Funktionszulagen für viele Abgeordneten kritisiert habe. Zudem sei es richtig, dass Privilegien wie die steuerfreie Aufwandspauschale jetzt wegfielen. SPD-Fraktionschef Lothar Hay sagte, es gebe nie einen richtigen Zeitpunkt für eine Diätenerhöhung. Man könne aber nicht auf Dauer eine Regelung behalten, die verfassungswidrig ist.

Im Berlin war ein Vorschlag von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) für eine Diätenerhöhung um 91 Euro pro Monat kürzlich auf wenig Gegenliebe gestoßen. „Eine Anhebung könnte bei vielen Menschen falsch ankommen“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder im April. SPD-Politiker erklärten, die Bezüge könnten nur angehoben werden, wenn es gleichzeitig eine Reform der Altersversorgung gebe. Eine Einigung darüber ist jedoch noch nicht in Sicht.