Rettungspaket ist mehr als ein Strohfeuer

EXPERTEN Volkswirte und Finanzexperten der unterschiedlichsten Ausrichtungen begrüßen den EU-Rettungsschirm

„Das Signal ist klar: Europa ist ein Riese, und der Riese ist aufgewacht. Spekulanten müssen jetzt zehnmal überlegen, ob sie sich mit ihm anlegen“

IMK-CHEF GUSTAV A. HORN

VON RICHARD ROTHER

Der EU-Rettungsschirm für den Euro hat die Akteure an den internationalen Finanzmärkten beeindruckt und wird von Volkswirten unterschiedlicher Couleur begrüßt. Der Eurokurs stieg am Montag an, zudem gingen die Risikoaufschläge für Griechenland oder Portugal stark zurück. Dahinter steckt offenbar die Einschätzung der Märkte, dass es sich beim Rettungspaket um mehr als ein Strohfeuer handelt – wofür schon das schiere Volumen des Pakets spricht.

„Die Reaktion der Euro-Gruppe war derartig gigantisch und spektakulär – das hat alle beeindruckt“, sagte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Dabei gehe es nicht nur um das Volumen des Hilfspakets, nun könne die europäische Notenbank auch Anleihen ohne Rücksicht auf Bonität kaufen. Künftig komme es darauf an, die wirtschaftliche Integration der Euro-Gruppe zu vertiefen und die Finanzmärkte zu regulieren. Leerverkäufe müssten verboten werden, zudem müssten die Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen und Verbriefungen eingeschränkt werden.

Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) begrüßte die Rettungsaktion. „Mit dem Notfallfonds hat die europäische Politik endlich eine effektive Vorkehrung getroffen, um Attacken von Spekulanten abzuwehren“, so IMK-Chef Gustav A. Horn. „Das Signal: Europa ist ein Riese, und der Riese ist aufgewacht.“ Die Nennung hoher Summen für den Notfallfonds reduzierte das Risiko, dass tatsächlich Geld fließen müsse. „Eine glaubhafte Abschreckung senkt die Kosten für die Steuerzahler, weil es die Logik der Finanzmärkte aufgreift.“ Hätten die Europäer schon zu Beginn der Griechenland-Krise so gehandelt, wären die Probleme wahrscheinlich nicht eskaliert.

Auch das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) begrüßte den Rettungsschirm. Der sei geeignet, die Märkte zu beruhigen und die Spekulation gegen den Euro zu beenden, so IW-Direktor Michael Hüther. Zudem könnten Unterstützungsmaßnahmen mit den strengen Regeln des Internationalen Währungsfonds gekoppelt werden. „Dies ermöglicht innerhalb der Währungsunion sogar schärfere Sanktionen, als sie in Deutschland der Bund gegenüber finanzschwachen Bundesländern durchsetzen kann.“ Bedenklich sei aber, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen der Defizitländer aufkaufen solle. Dies könne die Glaubwürdigkeit der Zentralbank untergraben. Hüther: „Ohne fiskalische Disziplin droht die Währungsunion am Ende auseinanderzubrechen.“ Die Hartwährungsländer könnten sich dann gezwungen sehen, aus dem Euro-Bündnis auszutreten.