Europas Wettlauf um niedrigere Steuern

Deutschlands Firmensteuern sind zwar höher als anderswo, ihr Anteil am Staatshaushalt ist dennoch niedrig

Bevor Gerhard Schröder die Steuern abermals absenken konnte, wurde er abgewählt

BERLIN taz ■ Die Unternehmen sind in den vergangenen Jahren schon mehrfach deutlich entlastet worden. So senkte die rot-grüne Bundesregierung die Gewinnsteuer für Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften und GmbHs) von 40 auf 25 Prozent. Parallel zur geringeren Körperschaftsteuer reduzierten SPD und Grüne auch die Abgaben der Personengesellschaften (GbR, OHG, KG). Den für diese gültigen Spitzensatz der Einkommensteuer verringerte man von über 53 auf 42 Prozent. Bevor Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seinen Plan umsetzen konnte, die Steuern für Konzerne abermals – von 25 auf 20 Prozent – zu senken, wurde er abgewählt.

Die große Koalition geht über diesen Plan nun noch hinaus – und begründet dies mit den geringeren nominellen Steuersätzen für Konzerne im Ausland. Die hohe Belastung in Deutschland stelle einen Nachteil im internationalen Wettbewerb dar. Tatsächlich nimmt Deutschland mit seiner Kombination aus Körperschaft- und Gewerbesteuer international eine Spitzenposition ein. Während Deutschland knapp 39 Prozent erhebt, sind es in Frankreich 35, in Großbritannien 30, in Schweden 28 Prozent.

Dieser Begründung einer Erleichterung für Konzerne widerspricht freilich, dass der Anteil der Körperschaftsteuer am gesamten Steueraufkommen in Deutschland viel niedriger liegt anderswo. Hierzulande tragen Kapitalgesellschaften nur 4,7 Prozent zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte bei. In Frankreich sind es 7,1, in Schweden 7,6 und in den USA 10 Prozent.

Gegen diesen Vergleich wiederum wenden die Befürworter der Steuersenkung ein, dass in den deutschen Körperschaftsteuer-Statistiken nicht die Gewinnsteuern der großen Mittelstandsunternehmen enthalten seien. Wegen ihrer Rechtsform als Personengesellschaften zahlen diese Einkommensteuer. Unter dem Strich lägen also die Gewinnsteuern in Deutschland – Körperschaft- plus Einkommensteuer der Gewerbebetriebe – weit über dem ausländischen Niveau, argumentieren die Anhänger der Steuersenkung. Beweisen lässt sich dieses Argument nicht – über den Anteil der gewerblichen Einkommensteuer an der gesamten Einkommensteuer gibt es in Deutschland keine Zahlen.HANNES KOCH