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Archiv-Artikel

Protest gegen Stintfang-Pläne

STADTENTWICKLUNG Anwohner fürchten Zerstörung der Aussicht und des historisch bedeutsamen Ortes durch ein Wohn- und Geschäftshaus

„Sie werden auf die Wohnungen der dort Lebenden schauen“

BIRGIT KIUPA, INITIATIVE

Mit einem Weinfest haben BewohnerInnen der Neustadt am Sonntag gegen einen Neubau am Stintfang unterhalb der Jugendherberge protestiert. Die InitiatorInnen wollten den Besuchern vor Augen führen, wie sich das geplante Wohn- und Geschäftshaus auf diesen besonderen Ort auswirken würde. Dem Bezirksamt Mitte liegen mehr als 50 Einwände gegen das Projekt vor, die zurzeit ausgewertet werden. Die Bezirksversammlung wird wohl nicht vor Anfang des neuen Jahres über das Vorhaben beschließen können.

Das Grundstück liegt zwischen den Eingängen der S- und U-Bahn in der Straße Hafentor auf der Ostseite des Stintfangs. Heute stehen hier ein paar niedrige Ziegelgebäude, hinter denen sich ein buschiger Hang mit Fußwegen erhebt. Der Hang gehört zur mehr als 20 Meter hohen ehemaligen Bastion Albertus, die den Wallring aus dem 17. Jahrhundert zur Elbe hin abschloss. Die kolossale Befestigung erwies sich als gute Investition: Sie hat Hamburg im 30-jährigen Krieg vor der Eroberung bewahrt. Oben auf der ehemaligen Bastion ist nach dem Zweiten Weltkrieg eine Jugendherberge gebaut worden. Ein kleiner Platz – der Paula-Karpinski-Platz – erinnert an die frühere Funktion dieses Areals.

„Das ist ein Ort, wo alle Leute gerne feiern“, sagt Birgit Kiupa, die das Protest-Fest mitorganisiert hat. Das geplante sechsstöckige Haus werde den Blick von dem Aussichtsplatz nach Osten auf die alte Backsteinbebauung versauen. „Sie werden auf die Wohnungen der dort Lebenden schauen“, sagt Kiupa, „und die auf Sie“. Außerdem verstelle der Neubau den Blick auf die ehemalige Bastion von Osten. Das Areal sei zwar ziemlich verrottet, aber ein historisch bedeutsames Relikt. „Andere Städte punkten mit einem solch markanten Rest der Stadtbefestigung“, sagt Kiupa. Die Initiative wolle es nicht hinnehmen, dass derartige Denkmäler aus dem Stadtbild verschwinden. Wahrscheinlich werde nur ein weiterer Glaspalast in den Stadtteil gesetzt.

Arik Willner, der in der SPD-Fraktion Mitte für das Thema zuständig ist, weist darauf hin, dass dass das jetzt geplante Gebäude viel kleiner sei als das zunächst vorgesehene. „Wir haben mit dem Investor sehr viel verhandelt“, sagt er. Nach aktuellen Plan wäre das Haus sechs statt sieben Geschosse hoch und zehn Meter schmaler, so dass der Wallhang kaum angetastet werden müsste.

Die oberen drei Geschosse stehen als Riegel schräg über der Basis des Gebäudes, um Blickachsen vom Hang zum Hafen zu öffnen. Das Dach des Gebäudes schlösse nach den Plänen des Bezirksamtes mit der Krone des Stintfangs ab, sodass wer dort oben stünde, darüber weg in die Stadt blicken könnte. Senkt sich der Blick, stößt er auf den Neubau. Begrünte Dächer sollen das erträglich machen.

Der Bezirk hat mit dem Investor, der Hamburger Firma Euroland, auch vereinbart, dass 34 der geplanten 52 Mietwohnungen öffentlich gefördert und günstig sein sollen. Außerdem sei ein Gemeinschaftsraum für das Viertel vorgesehen, sagt Willner. Die SPD werde sich die Einwände aus dem Planverfahren sehr genau ansehen, verspricht der Bezirksabgeordnete.

In der Gesamtbewertung ist Willner, dessen SPD in Mitte mit der FDP koaliert, einig mit Michael Osterburg von den oppositionellen Grünen: Wenn man eine Bebauung an dieser Stelle nicht grundsätzlich ablehne, könne man das so machen. GERNOT KNÖDLER