Demirkan bei den Türken

Schauspielerin Renan Demirkan reist in ihr Geburtsland: „1001 Macht“, 23.30 Uhr, ARD

Man muss wohl ein Korinthenkacker sein, um sich darüber zu ärgern: „1001 Macht“ ist genau so ein Sprachmüll wie vor Jahren der Filmtitel „1 Mord für 2“. Wer „Tausendundeine Macht“ meint – und nicht etwa: „Tausendeins Macht“ –, der kommt im Deutschen eben nicht darum herum, es auch zu schreiben. Dass „Tausendundeine Macht“ gemeint ist, sieht man daran, dass es im Vor- und im Abspann auch so geschrieben steht. Nur in den Programmankündigungen von ARD und WDR steht es anders.

In „Tausendundeine Macht“ reist also die in Ankara geborene und im Alter von sieben Jahren mit ihren Eltern nach Hannover gekommene Schauspielerin Renan Demirkan unter der Regie Florian von Stettens für den WDR in die Türkei. 2007 hat das schon mal der türkischstämmige niederbayerische Kabarettist Django Asül für den RBB gemacht und damit, nach Auffassung des Abteilungsleiters, einen zuvor ganz ohne Djangos Mitwirkung geplanten Film gerade noch gerettet. Der subjektive Zugang, die Reflexionen des Prominenten aus dem Off, das ist es, was den Zuschauer packen soll.

Und während Django das Konzept mit seinem satirischen Ton zugleich erfüllt und konterkariert, setzt Demirkan auf brutalstmögliche Empathie. Ständig umarmt sie ihre Interviewpartner, gegen Ende bricht sie zu Besuch bei einer kurdischen Familie gar in Tränen aus.

Der kurdische Familienvater ist vor zwanzig Jahren von kemalistischen Militärs verschleppt worden. Demirkans Vater war ein Verehrer Mustafa Kemal Atatürks. So geht sie zu dessen Mausoleum und zu einem Tätowierer, der Männern Atatürks Signatur in die Haut schreibt. Sie geht auch zu den kurdischen Samstagsmüttern und zu Kopftuchfrauen in einem Osmanischkurs. Die Spaltung der heutigen Türkei in Kemalisten und Erdogan-Anhänger ist Demirkans Thema, dass sie als Kommentatorin doch bemerkenswert nachdenklich reflektiert. JENS MÜLLER