Notruf aus der Provinz

Stadt, Land, nicht flüssig: NRW-Gemeinden fordern mehr Geld aus Düsseldorf und warnen vor kommunalem Bankrott. Auch CDU-Bürgermeister kritisieren Sparkurs. Landespartei ist verärgert

VON KLAUS JANSEN
UND MARTIN TEIGELER

Monschau, Simmerath und Alsdorf rechnen mit der Politik in Düsseldorf und Berlin ab. Zehn Bürgermeister und ein Landrat aus der Region Aachen fordern in einer parteiübergreifenden Erklärung den „sofortigen Stopp“ der Kürzungen bei der Kinder- und Jugendarbeit und die „zwingende Einhaltung“ des so genannten Konnexitätsprinzips, das seit 2004 in der NRW-Landesverfassung festgeschrieben ist. Danach darf das Land den Kommunen keine zusätzlichen Aufgaben aufbürden, ohne für die Finanzierung zu sorgen.

Ob bei Hartz IV oder den von der Landesregierung geplanten Kürzungen bei der Kinderbetreuung – die Lokalpolitiker fühlen sich als Zahlmeister für Fehler in der Landes- und Bundespolitik. „Unser Defizit ist erschreckend und wird immer größer“, sagt Theo Steinröx, CDU-Bürgermeister der Eifel-Stadt Monschau. Die Rathauschefs fordern Bundestag und Landtag auf, den „Aufschrei“ zu erhören, „damit die Lichter in unseren Kommunen zukünftig nicht ganz ausgehen“.

Angesprochen fühlen dürfte sich vor allem CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Mit seiner Sparpolitik hat sich der Regierungschef nicht nur die Kleinstadtchefs, sondern auch einige Oberbürgermeister zum Gegner gemacht. Den Kommunen in NRW gehe es knapp ein Jahr nach dem schwarz-gelben Regierungswechsel „nicht besser“ als zuvor unter Rot-Grün, sagt ein Sprecher von Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin. Zwar gehört die Landeshauptstadt zu den wohlhabenden Kommunen, doch fühle man sich nicht ausreichend von der NRW-Koalition unterstützt.

„Wir sind in den Städten sehr nervös, was die Finanzierung des neuen Megathemas Familienpolitik angeht“, sagt Münsters Oberbürgermeister Berthold Tillmann (CDU). Eine bessere Kinderbetreuung sei wichtig, doch die Kommunen in NRW seien nicht in der Lage, die finanzielle Hauptlast dabei zu tragen. „Das sehe ich mit großer Sorge“, so Tillmann zur taz.

In der vergangenen Woche hatte auch der nordrhein-westfälische Städtetag Rüttgers eine Vernachlässigung der Kommunen und die Verletzung des Konnexitätsprinzips vorgeworfen. Das Wortgefecht mit den Bürgermeistern in der Dortmunder Westfalenhalle hatte offenbar auch ein Nachspiel im CDU-Parteivorstand. „Rüttgers war verärgert darüber, wie das abgelaufen ist“, heißt es aus Parteikreisen. Gerüchte, nach denen Vertreter des Städtetags aus Arbeitskreisen der CDU-Fraktion entfernt worden seien, bestätigten Partei und Städtetag jedoch nicht.

Die Landtagsfraktion versucht indes, die Wogen zu glätten. „Es gibt keinen grundlegenden Dissens zwischen uns und den Städten“, sagt der kommunalpolitische Sprecher der Union, Rainer Lux. Zwar sei etwa die Kritik an den Kindergartenkürzungen nachvollziehbar – insgesamt gehe es den Städten aber besser als unter der rot-grünen Vorgängerregierung, findet Lux. „Statt Tartarenmeldungen abzugeben, sollten die Kommunen häufiger das Positive herausstellen.“