Geduldetes Ämterchaos

Die Grünen stellen ein Gutachten zur Überlastung der Bremer Ausländerbehörde vor und forden, dass die „unhaltbaren Zustände“ durch den Verzicht auf Kurzzeit-Duldungen beseitigt werden

von Christian Jakob

In der Bremer Ausländerbehörde müssen BesucherInnen seit Jahren mit stundenlangen Wartezeiten, jahrelang nicht bearbeiteten Anträgen und überlasteten Beamten leben. Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens, das die Bürgerschaftsfraktion der Grünen bei dem Bremer Rechtsanwalt Albert Timmer in Auftrag gegeben hat.

Bei der Vorstellung des Gutachtens am Freitag sagte Timmer, die Überlastung der Behörde sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, das massenhaft Duldungen nur für wenige Wochen ausgestellt würden.

Ein Drittel aller 42 Angestellten der Ausländerbehörde beschäftige sich ausschließlich mit vier Prozent der in Bremen lebenden AusländerInnen, so Timmer – den Geduldeten. Diese müssten teils einmal pro Monat bei der Behörde vorstellig werden, um ihre Duldung verlängern zu lassen. Es handele sich dabei um rund 2.800 Personen, die im vergangenen Jahr 14.264 Mal von der Ausländerbehörde vorgeladen worden seien. Die hierdurch entstehende Arbeitsbelastung sei verantwortlich für die teils mehrjährige Bearbeitungsdauer von Anträgen.

Die Geschwindigkeit des Aktendurchlaufs sei derart langsam, dass die Ausländerbehörde allein im vergangenen Jahr über 100.000 Euro wegen verlorener „Untätigkeitsklagen“ an Antragsteller zahlen musste, so Timmer. Güldner äußerte die Vermutung, das Chaos sei „von Innensenator Röwekamp politisch gewollt“.

Der Grünen-Politiker forderte eine Abschaffung der „Kettenduldungen“ und eine Verfestigung des Aufenthaltsstatus für die Betroffenen. Die Duldung sei vom Gesetzgeber nur als Übergangslösung gedacht und wegen der prekären sozialen und rechtlichen Bedingungen niemandem zumutbar.

Rheinland-Pfalz verzichte bereits auf Dauerduldungen. Das beweise, dass es sich bei den Massenduldungen um eine politische Entscheidung und keine rechtliche Notwendigkeit handele. Scharfe Kritik übte Güldner an der Praxis, Kinder und Jugendliche teils jahrzehntelang zu dulden. Dies verbiete ihnen, eine Ausbildung zu machen.

Die Perspektivlosigkeit und die immer wiederkehrende Erfahrung, am unteren Ende der sozialen Hierarchie zu stehen, führe dazu, dass vor allem Jugendliche „in kriminelle Milieus“ abdrifteten. Güldner sprach sich dafür aus, geduldeten ausländischen Straftätern keine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren. Stattdessen sollten sich Staatsanwaltschaften und Ausländerbehörden „in anderer Weise“ um nicht-deutsche Straftäter kümmern. Wie dies konkret aussehen soll, sagte Güldner jedoch nicht.

Umgekehrt gebe es aber auch viele „völlig sauber“ gebliebene migrantische Jugendliche, denen man Ausbildung und Arbeit anbieten müsse, so Güldner. Diesen Jugendlichen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei auch deshalb von Vorteil, „weil Deutschland so ambitionierte junge Menschen“ brauche, sagte Güldner. Sollte Röwekamp diesen Vorschlag ablehnen und MigrantInnen weiterhin jahrelang im Duldungsstatus halten, sei dies nur in einer Weise zu interpretieren: „Wir wollen Euch hier nicht.“