EIN BESUCH BEIM ERZBISCHOF

Schöner kann man in Schwabing nicht wohnen. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, residiert derzeit im Schloss Suresnes, auch Werneckschlössl genannt – bis die Renovierung des Erzbischöflichen Palais beendet ist. Im Schloss Suresnes, erbaut zwischen 1715 und 1718, lebte einst die Bildhauerin Elisabet Ney, später kurze Zeit Paul Klee – viele Künstler gingen hier ein und aus. Das Erzbistum nutzte 1937 die Chance und erstand das Kleinod mit einem etwa einen Hektar großen Park mitten in der Großstadt.

■ In der Bibliothek des Schlösschens empfängt der Erzbischof zum Interview. Und was ein Medienprofi ist, kann man beim kurzen Warten auf ihn beobachten. Denn da gibt der Oberhirte, gekleidet in einen einfachen schwarzen Priesterrock mit Bischofskreuz auf der Brust, im Stehen vor einer Kamera noch schnell einen Geburtstagsgruß anlässlich des 150. Jubiläums des Münchner Fußballvereins TSV 1860 München ab – direkt, locker, bodenständig, wie Marx eben fast immer beschrieben wird.

■ Marx kann mit den Menschen, keine Frage, oberhirtliche Arroganz ist ihm fremd. Tatsächlich passt er ganz gut in das barocke Lebensgefühl der bayerischen Landeshauptstadt, obwohl er Westfale durch und durch ist. Bei seiner Amtseinführung in München kam eigens eine große Abordnung seines Schützenvereins aus Geseke angereist – und den Erzählungen zufolge soll es am späten Abend noch ziemlich fröhlich zugegangen sein in einem Brauhauskeller.

■ Im Interview mit ihm zeigt sich Marx ebenfalls freundlich, ja jovial – aber intellektuell scharf schießen kann er auch. Da ahnt man, dass der Erzbischof einer der wichtigsten Diözesen Deutschlands auch über die Härte verfügt, die in dieser Managerposition eben auch manchmal vonnöten ist. Das Interview mit ihm aber ist angenehm, offen, schnell. Marx geht keinem Thema aus dem Weg, weicht kaum aus, lässt anderen Ansichten Zeit und Raum.

■ Marx wird aller Voraussicht nach nicht mehr lange warten müssen, bis er als Erzbischof von München auch den Kardinalshut erhält, was Tradition hat in dieser Position. Dann spielt er in der ersten Liga der katholischen Kirche. Es ist nicht schwer zu verstehen, warum er so weit gekommen ist. GES