Leichter Gegenwind in Singapur

Bei den Wahlen ist der Sieg der Regierung sicher, doch wird die Opposition mutiger

BANGKOK taz ■ Von 84 Sitzen in Singapurs Abgeordnetenhaus hat die seit 1959 autokratisch regierende „Aktionspartei des Volkes“ (PAP) 82. So zweifelt niemand am erneuten Wahlsieg der PAP bei den heutigen Parlamentswahlen. Doch hat die Opposition aus „Arbeiterpartei“ (WP), „Demokratischer Partei“ (DP) und „Demokratische Allianz“ (DA) jetzt immerhin zusammen 47 Kandidaten aufgestellt. So könnte sie zumindest theoretisch stärker werden als die PAP.

Das daraus nichts wird, deutet schon eine Forderung von WP-Generalsekretär Low Thia Khiang an. Er fordert, „dass Parlamentswahlen von einer unabhängigen Kommission organisiert werden sollten statt vom Büro des Premierministers“. Zudem sollten „friedliche Demonstrationen“ erlaubt sein.

Singapurs Oppositionsparteien hatten bislang wegen der Manipulation des politischen Prozesses, der Einschüchterung von Kandidaten und Wählern sowie des von den Briten geerbten Mehrheitswahlrechts nie politisches Gewicht. Zuletzt konnten sie nicht einmal genug Kandidaten finden, so dass der PAP-Sieg schon vorab feststand. Dabei bekam die Opposition in den letzten 25 Jahren immerhin 25 bis 40 Prozent der Stimmen.

Geht es nach der PAP, bleibt es bei der Marginalisierung der Opposition. Ökonomisch und technologisch zählt Singapur zur Weltspitze. Dies sei der politischen Führung zuzuschreiben, sagt Premier Lee Hsien Loong, der Sohn von Staatsgründer Lee Kuan Yew. Denn „PAP“, so der seit August 2004 amtierende Regierungschef, stehe für „prosperity and progress“ (Wohlstand und Fortschritt).

In diese Kerbe schlägt auch der hinter den Kulissen als „Mentor-Minister“ agierende Lee Kuan Yew. Der 82-Jährige, der die Finanzmetropole 31 Jahre lang regierte, mahnt die 1,2 Millionen Wahlberechtigten, „sich Gedanken um ihre Jobs und die Erziehung ihrer Kinder“ zu machen. Doch bei einer TV-Diskussion mit Jungwählern musste sich Lee Kuan Yew fragen lassen, wann er denn endlich abtrete und warum Debatten im Internet überwacht und es keinem fairen Wettbewerb der Parteien gebe.

Die PAP, die „Singapur zu einem besseren Platz für alle“ machen will, schafft es immer wieder, Oppositionelle zu ruinieren und als unwählbar darzustellen. Kritiker werden mit Verleumdungsklagen überzogen, wandern zeitweilig ins Gefängnis oder werden finanziell ruiniert. So wurde der DP-Generalsekretär Chee Soon Juan wegen angeblicher Verleumdung von den Expremiers Lee Kuan Yew und Goh Chok Tong bankrott geklagt und damit automatisch von den Wahlen ausgeschlossen. Die im Februar dieses Jahres verhängte Strafe beträgt 250.000 Euro. Erst ab 2011 darf Chee wieder kandidieren. Zuvor war schon der langjährige WP-Führer Joshua B. Jeyeratnam in den Ruin geklagt und mit seinem offiziellen Wohnsitz ins benachbarte Malaysia getrieben worden.

Auf der Skala für Presse- und Meinungsfreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ rangierte Singapur 2004 auf Platz 147 von 167 Ländern, im vergangenen Jahr auf Rang 140. NICOLA GLASS