Rebellion unterm Regenbogen

PROTESTPAPIER Aufhebung der Fraktionsdisziplin gefordert: Die Lesben und Schwulen in der Union kritisieren die Blockadehaltung der eigenen Partei zur Gleichstellung homosexueller Paare scharf

BERLIN taz | Das drei DIN-A4-Seiten lange Papier ist ein Frontalangriff auf die Verhandlungslinie der eigenen Parteien beim schwarz-roten Koalitionspoker: Per offiziellem Beschluss protestieren die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) in scharfen Worten gegen die Blockadetaktik von CDU und CSU bei der rechtlichen Gleichstellung homosexueller Paare.

Sie wollen nicht akzeptieren, was die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) laut einem Spiegel-Bericht bereits vor dem Start der Koalitionsverhandlungen mit CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel vereinbart hat: Die Gleichstellung beim Adoptionsrecht soll vorerst weiter blockiert werden.

Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass Lesben und Schwule „weiterhin dafür herhalten müssen, einen konservativen Markenkern zu betonen, während in vielen anderen Politikfeldern Unionspositionen geräumt werden“, mahnen die LSU-Mitglieder in ihrer am Wochenende verabschiedeten Erklärung.

Ihr Forderungskatalog hat es in sich: Die LSU verlangt „eine Aufhebung der Fraktions- und Koalitionsdisziplin bei der Frage der gemeinschaftlichen Adoption und der Ehe für alle Paare ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung“. Schließlich handle es sich um „Gewissensfragen“. Sie reagiert damit auf eine konzertierte Aktion des rechten Fraktionsflügels im Frühsommer. Damals hatten knapp 20 Unions-Bundestagsabgeordnete ohne Vorwarnung aus „Gewissensgründen“ gegen die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zum Ehegattensplitting für homosexuelle Paare gestimmt.

Es könne nun auch „nicht mehr erwartet werden, dass Befürworter der Gleichstellung künftig gegen ihr Gewissen abstimmen“, heißt es in der LSU-Protestnote. Außerdem verlangt die LSU konkrete Schritte von den Koalitionsstrategen: Sie sollten ein Jahressteuergesetz vorlegen, das Ungleichheiten im Steuerrecht beseitigt. Überfällig sei auch ein Gesetz, das die „letzten verbliebenen geringen Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft beseitigt“. Verfassungsrechtlich seien diese nicht mehr haltbar. ASTRID GEISLER